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DSGVO: Art 4, Art 5, Art 6
Nach Art 6 Abs 1 lit e DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Die Rechtsgrundlage für eine solche Verarbeitung wird gem Art 6 Abs 3 DSGVO entweder durch Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten festgelegt, dem der Verantwortliche unterliegt.
Der nationale Gesetzgeber ist zur Erfüllung des Rechtfertigungstatbestandes des Art 6 Abs 1 lit e DSGVO hinsichtlich einer bestimmten Datenverarbeitung nicht jedenfalls gehalten, die Datenverarbeitung selbst im Gesetz zu determinieren. Vielmehr ist der Rechtfertigungstatbestand erfüllt, wenn die wahrzunehmende Aufgabe in der Rechtsgrundlage ausreichend beschrieben wird und die betreffende Datenverarbeitung dem Zweck der Erfüllung dieser Aufgabe dient. Das setzt allerdings voraus, dass eine solche Aufgabe durch das Recht hinreichend klar und bestimmt beschrieben wird. Die betreffende Rechtsgrundlage kann zwar spezifischere Regelungen enthalten, zwingend vorgesehen ist dies jedoch nicht (arg: „kann“ in Art 6 Abs 3 dritter Satz DSGVO). Letztlich sieht Art 6 Abs 3 vierter Satz DSGVO auch für die Verarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit e DSGVO vor, dass die Rechtsvorschriften ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten legitimen Zweck stehen müssen (hier: betr § 56 Abs 2 SchUG bejaht).
VwGH 3. 9. 2024, Ro 2022/04/0031
Ausgangslage:
Eine Berufsschule betreibt eine öffentlich abrufbare Website, auf der die Schule präsentiert wird und allgemeine sowie aktuelle Informationen bereitgestellt werden. Unter anderem sind die Lehrkräfte der Schule (und somit auch der Revisionswerber) mit Vor- und Nachnamen, akademischem Grad und dienstlicher E-Mail-Adresse aufgelistet. Strittig war, ob dies datenschutzrechtlich zulässig ist.
Entscheidung
Nach § 56 Abs 2 SchUG obliegt dem Schulleiter die Leitung der Schule und die Pflege der Verbindung zwischen der Schule, den Schülern und den Erziehungsberechtigten, bei Berufsschulen auch den Lehrberechtigten. Seine Aufgaben umfassen insb Schulleitung und -management, Qualitätsmanagement, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Führung und Personalentwicklung sowie Außenbeziehungen und Öffnung der Schule.
Es ist für den VwGH nicht zweifelhaft, dass die in dieser Bestimmung beschriebenen Aufgaben, die letztlich (auch) auf den einwandfreien Betrieb einer Schule abzielen, im öffentlichen Interesse liegen. Im Hinblick auf den Verweis auf die „Pflege der Verbindung zwischen der Schule, den Schülern und den Erziehungsberechtigten“ sowie auf die „Außenbeziehungen und Öffnung der Schule“ ist die Aufgabe - bezogen auf die hier gegenständliche Datenverarbeitung - auch als ausreichend bestimmt anzusehen. Schließlich ist es nach Ansicht des VwGH nicht als zweifelhaft anzusehen, dass die Verarbeitung von Daten zum Zweck der Ermöglichung einer direkten Kommunikation zwischen Schülern, Erziehungsberechtigten und Lehrkräften der Erfüllung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe dient.
Nach Art 6 Abs 1 lit e DSGVO ist eine Datenverarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrnehmung einer - im öffentlichen Interesse liegenden - Aufgabe auch erforderlich ist. Zudem müssen personenbezogene Daten gem Art 5 Abs 1 lit c DSGVO dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“).
Das BVwG hat seinem Erkenntnis (zusammengefasst) zugrunde gelegt, dass durch die Bereitstellung der Namen und dienstlichen E-Mail-Adressen der Lehrer auf der Website der Berufsschule der Verwaltungsaufwand der Schule verringert und den Schülern bzw Erziehungsberechtigten die Möglichkeit eingeräumt werde, unkompliziert, rasch und unmittelbar mit dem jeweiligen Lehrer zu kommunizieren. Derselbe legitime Zweck könne nicht „genauso gut“ mit einem geringeren Maß an Datenverarbeitung oder - in den Worten des EuGH zu Art 6 Abs 1 lit f DSGVO - „ebenso wirksam mit anderen Mitteln“ verwirklicht werden. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden, zumal sich eine Datenverarbeitung - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls - auch dann als erforderlich erweisen kann, wenn damit die im öffentlichen Interesse stehenden Aufgaben des Verantwortlichen effizient(er) erfüllt werden können.
Für den VwGH ist nicht zweifelhaft, dass auch bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Datenverarbeitung darauf Bedacht genommen werden kann, dass die dienstliche E-Mail-Adresse des Revisionswerbers nicht den Kernbereich der geschützten Privatsphäre, sondern die (so genannte) Sozialsphäre betrifft, die sich etwa durch die Interaktion mit Außenstehenden auszeichnet (vorliegend zwischen den Lehrkräften und den Schülern bzw Erziehungsberechtigten). Der EuGH hat im Urteil C-439/19 (Rn 113, RdW 2021/452) auch zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Beurteilung der Erforderlichkeit einer Datenverarbeitung (wie hier) nach Art 6 Abs 1 lit e DSGVO auch die Sensibilität der fraglichen Daten und die Schwere des Eingriffs zu berücksichtigen ist. Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass das BVwG die verfahrensgegenständliche Datenverarbeitung vor diesem Hintergrund als einen geringeren Eingriff in den Schutz der personenbezogenen Daten angesehen hat.