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Deponie: Unzulässige vorübergehende Lagerung vor Kollaudierung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AWG 2002: § 2, § 61, § 62, § 63

Soweit in § 61 Abs 1 AWG 2002 angeordnet wird, dass die Errichtung einer Deponie oder eines Deponieabschnitts der Behörde anzuzeigen ist und Abfälle in die Deponie oder den Deponieabschnitt erst nach einer Überprüfung der Anlagen und Maßnahmen (§ 63 Abs 1) eingebracht werden dürfen, wird nicht nur eine Ablagerung von Abfällen angesprochen, sondern iSd klaren Wortlauts der Bestimmung und der Definition der Deponie nach § 2 Abs 7 Z 4 AWG 2002 jede Einbringung von Abfällen, auch wenn es sich dabei um eine vorübergehende Lagerung handelt.

Die Anordnung des § 61 Abs 1 AWG 2002 gilt bereits aufgrund des Gesetzes und somit unabhängig von einem expliziten Ausspruch im Genehmigungsbescheid. Die Auflage im vorliegenden Genehmigungsbescheid, wonach „mit der Ablagerung erst nach Vorliegen eines positiven Überprüfungsbescheides für den jeweiligen Deponieabschnitt inkl der dazugehörigen Anlagenteile begonnen werden darf“, stellt somit bloß eine Wiederholung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 61 Abs 1 AWG 2002 dar.

Eine Aufnahme des Betriebs der Deponie oder eines Deponieabschnitts entgegen § 61 Abs 1 AWG 2002 vor Erlassung eines Bescheides über die Überprüfung nach § 63 AWG 2002 (Kollaudierung) ist unzulässig. Ein solcher Verstoß – auch nur durch eine bloß vorübergehende Lagerung von Abfällen – stellt damit auch einen konsenswidrigen Betrieb der Deponie iSv § 62 Abs 2 AWG 2002 dar, der gegenüber dem Inhaber der Anlage zur Erlassung eines Auftrages zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands zu führen hat.

VwGH 21. 12. 2023, Ra 2022/07/0057

Entscheidung

Das vom LVwG angesprochene Erk VwGH 29. 10. 2015, Ro 2015/07/0032, betraf das Erlöschen der Genehmigung einer Behandlungsanlage nach § 55 AWG 2002 und steht dem dargelegten Verständnis von § 61 Abs 1 und § 62 Abs 2 AWG 2002 nicht entgegen. Aussagen zu dem hier maßgeblichen Verständnis des Begriffs der Einbringung von Abfällen nach § 61 Abs 1 AWG 2002 und zum Vorliegen eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage nach § 62 Abs 2 AWG 2002 enthielt dieses Erk dagegen nicht.

Im vorliegenden Fall ergibt sich das Vorliegen eines konsenswidrigen Betriebs der Deponie bzw des Deponieabschnitts 6 iSv § 62 Abs 2 AWG 2002 bereits daraus, dass entgegen § 61 Abs. 1 AWG 2002 Abfälle in den Deponieabschnitt 6 eingebracht wurden, bevor eine Überprüfung dieses Abschnittes nach § 63 Abs 1 AWG 2002 erfolgte. Es bedarf daher keines Eingehens mehr darauf, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses überhaupt noch eine bloße (Zwischen-)Lagerung von Abfällen oder bereits eine Ablagerung vorlag und ob diese Einbringung von Abfällen in die Deponie -  abgesehen von der Aufnahme des Betriebs vor Überprüfung nach § 63 AWG 2002  - im Übrigen dem mit dem Genehmigungsbescheid erteilten Konsens entsprochen hat. Damit ist auch eine Auseinandersetzung mit dem Begriff des „geeigneten Zwischenlagers“ für die Zwischenlagerung von Abfällen vor der Annahme und dem Einbau in den Deponiekörper nach § 33 Abs 1 zweiter Satz DVO 2008 sowie mit dem Begriff der „genehmigten anderen Anlagen“ für das Lagern oder Zwischenlagern von Abfällen nach § 34 Abs 1 und 2 DVO 2008 nicht erforderlich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35096 vom 21.02.2024