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Drohung mit Eintragung ins amerikanische Schuldenregister

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 144, § 145

(Schwere) Erpressung verlangt ua den Einsatz von Gewalt oder gefährlicher Drohung als Nötigungsmittel, wobei vorliegend lediglich eine Drohung mit einer Verletzung am Vermögen in Rede steht. Auch die Drohung mit Strafanzeige oder Klage kann (als eine solche mit Verletzung am Vermögen) tatbildlich sein, wenn damit beim Opfer der Eindruck erweckt wird, (Verfahrens-)Kosten für die Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche aufbringen zu müssen.

Die bloße Ankündigung der Eintragung einer – offenbar unberechtigten („aus der Luft gegriffenen“) – Forderung in ein amerikanisches Schuldenregister, ohne dieses oder die Folgen einer solchen Eintragung (den Opfern gegenüber) näher darzustellen, bietet jedoch bei Anlegung des gebotenen objektiv-individuellen Maßstabs keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die (rechtliche) Annahme der Eignung der inkriminierten Schreiben, eine solche Befürchtung (mit derartigen Abwehrkosten konfrontiert zu sein) oder gar die Besorgnis zu wecken, die geforderten Summen tatsächlich zahlen zu müssen.

OGH 8. 1. 2017, 17 Os 25/17f

Entscheidung

Dem angefochtenen Urteil ist nach Ansicht des OGH – mangels Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Schreiben – nicht mit Bestimmtheit zu entnehmen, welches Übel die Angeklagten den Opfern ankündigten. Ebenfalls iZm der Drohung der Eintragung in ein amerikanisches Schuldenregister hat der OGH bereits daran erinnert, dass der Sinn (Bedeutungsinhalt) inkriminierter Äußerungen als Sachverhaltsgrundlage festzustellen ist und den Bezugspunkt für die rechtliche Beurteilung bildet (dort: §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB [versuchte Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt] und §§ 15, 105 Abs 1 StGB [versuchte Nötigung]); die Wiedergabe des (exakten) Wortlauts dient allenfalls der Begründung dieser Feststellungen (OGH 25. 9. 2017, 17 Os 16/17g, RIS-Justiz RS0092437 [T4]).

Der mehrfache Hinweis in den Entscheidungsgründen, die „Gruppierung der Souveränen oder Staatsverweigerer“ und ihre an Behörden gerichtete Schreiben seien „amtsbekannt“, vermag dieses Defizit nicht auszugleichen, weil auch notorische Tatsachen festzustellen sind (RIS-Justiz RS0124169; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 348 und 456).

Davon abgesehen enthält das Urteil aber auch keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Subsumtion nach § 145 Abs 1 Z 1 StGB (Schwere Erpressung): Angesichts der Weite des Qualifikationstatbestands („Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz“) und des Umstands, dass für Erpressung keine Schadensqualifikation besteht, bedarf es konkreter Feststellungen im Einzelfall sowohl zum objektiven Sachverhalt (wirtschaftliche Verhältnisse der Bedrohten) als auch zum darauf bezogenen Vorsatz der Täter (RIS-Justiz RS0094007; vgl auch RIS-Justiz RS0094015; Eder-Rieder in WK2 StGB § 145 Rz 3/2). Der bloße Hinweis, dass die Opfer die „exorbitanten Schadenersatzbeträge“ (von 250.000 € bzw 115.000 €) „in keinem Fall hätten bezahlen können, ohne dass es deren wirtschaftlichen Ruin bedeutet hätte“, ist hingegen nicht ausreichend (RIS-Justiz RS0119090).

Hinweis: Zur Einmeldung unrichtiger Forderungen nach Art 9 Uniform Commercial Code (UCC) in das „UCC Schuldenregister“ vgl auch Thiele in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer (Hrsg), Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch (37. Lfg 2017) zu § 107c StGB (Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems). Danach ist das im Internet abrufbare UCC Financing Statement durch die Einmeldung von unrichtigen Forderungen „geeignet, den namentlich Genannten an Kredit und Ruf zu schädigen. Die dadurch (scheinbar) legitimierten Schadenersatzforderungen in zT Millionenhöhe werden in der Folge durch ein Inkassobüro oder über eine Factoringbank auf Malta einzutreiben versucht. Die so in Gang gesetzten Zivilverfahren sind für die Betroffenen äußerst zeit- und kostspielig. Unmittelbar nach der Veröffentlichung ist dieses Fraudulent UCC Filing aber bereits durch § 107c Abs 1 pönalisiert, weil die Einmeldungen allesamt ausschließlich elektronisch erfolgen müssen.“ [zu § 107c StGB (Thiele)]

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24900 vom 02.02.2018