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Eingabe per E-Mail an den Gerichtskommissär

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

AußStrG: § 10 Abs 4, § 144 Abs 1

GOG § 89a

Im Verlassenschaftsverfahren können Eingaben (hier: Bekanntgabe der Vollmachtsauflösung) gem § 144 Abs 1 AußStrG beim Gerichtskommissär eingebracht werden. Eine per E-Mail an den Gerichtskommissär übersendete Eingabe ist wirksam und fristwahrend, sofern sie durch Nachreichen eines unterfertigten Schriftsatzes verbessert wird. Von der Unwirksamkeit der Eingabe darf erst nach einem erfolglosen Verbesserungsverfahren ausgegangen werden.

Unter der Voraussetzung der nachträglichen Verbesserung gilt eine Eingabe, die dem Gerichtskommissär per E-Mail übersendet wurde, in jenem Zeitpunkt als wirksam eingebracht, in dem sie in seinem elektronischen Verfügungsbereich eingelangt ist, dh in seiner E-Mailbox zum Abruf bereitliegt. Ob dies während oder außerhalb der Amtsstunden erfolgte, ist unerheblich.

OGH 19. 12. 2016, 2 Ob 212/16i

Entscheidung

In einer E-Mail an den Gerichtskommissär gab die Partei kurz vor einer Beschlussfassung des Verlassenschaftsgerichts die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit ihrem bisherigen Rechtsvertreter bekannt. Der Gerichtskommissär leitete diese Eingabe erst einige Tage später an das Gericht weiter. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Gericht bereits die Zustellung des Beschlusses an den bisherigen Vertreter verfügt. Im Rechtsmittelverfahren war zu klären, ob die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen ist, weil sie mit dieser Zustellung zu laufen begonnen hat, oder ob die Bekanntgabe der Vollmachtsauflösung wirksam erfolgte und der Fristenlauf durch die Zustellung an den bisherigen Vertreter nicht ausgelöst worden ist. Anders als das Rekursgericht bejahte der OGH die Wirksamkeit der Eingabe, sofern sie durch Nachreichen eines unterfertigten Schriftsatzes verbessert wird. Im fortgesetzten Verfahren muss der Partei die Gelegenheit zu dieser Verbesserung gegeben werden.

Nach der Entscheidungsbegründung sind Eingaben per E-Mail nur beim Gerichtskommissär möglich. In Bezug auf Eingaben bei Gericht verwies der OGH auf die hA, die E-Mail-Eingaben an Gerichte, Richter oder Rechtspfleger ohne Verbesserungsmöglichkeit für unwirksam und nicht fristwahrend hält (zB Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 § 74 Rz 15). In 10 Ob 28/11g = Zak 2011/512, 274 hat der OGH die Verbesserungsfähigkeit von Gerichtseingaben per E-Mail zwar bejaht, in späteren (wenn auch strafverfahrensrechtlichen) Entscheidungen jedoch verneint (RIS-Justiz RS0127859; siehe auch OLG Wien 28 R 369/13k = Zak 2013/791, 426).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23118 vom 14.02.2017