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ElWOG 2010: Elektrizitätserzeuger – Entgelt bei aufgetragener Leistungsreduktion

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ElWOG 2010: § 23

Im vorliegenden Fall begehrte die kl Elektrizitätserzeugerin von der bekl Regelzonenführerin – gestützt auf § 23 Abs 9 ElWOG 2010 – den Verdienstentgang, den sie infolge einer aufgetragenen Leistungsreduktion im April 2018 erlitten hat.

Zu den Aufgaben des Regelzonenführers gehört die Aufrechterhaltung der Netzstabilität im Verbundnetz; dazu zählen auch das Engpassmanagement und die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Nach § 23 Abs 9 ElWOG 2010 haben die Erzeuger (ua) „auf Anordnung des Regelzonenführers, in Abstimmung mit den betroffenen Betreibern von Verteilernetzen“ die Leistungen zu erbringen, die für die Beseitigung von Netzengpässen im Übertragungsnetz der Regelzone erforderlich sind (hier: Anweisung der Regelzonenführerin, am 8. 4. 2018 zwischen 20:00 Uhr und 24:00 Uhr die Einspeisung aus Winderzeugung an der Übergabestelle S* um 200 MW zu reduzieren – Individualisierung und Weitergabe der Anweisung an die Kl durch die Verteilernetzbetreiberin). Die Anwendbarkeit des § 23 Abs 9 ElWOG 2010 setzt nicht zwingend voraus, dass der Regelzonenführer die Anordnung direkt an den Erzeuger adressiert und unmittelbar diesem gegenüber ausspricht. Auch die Vermittlung des Anordnungsinhalts und dessen gleichzeitige Konkretisierung durch den einzubindenden Verteilernetzbetreiber ist eine Anordnung des Regelzonenführers iSd § 23 Abs 9 ElWOG 2010. Der daraus abgeleitete Entgeltanspruch des Erzeugers richtet sich auch in diesem Fall gegen den Regelzonenführer.

An eine “Abstimmung“ iSd § 23 Abs 9 ElWOG 2010 sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, weil Engpassmanagementmaßnahmen typischerweise dringend sind. Auch die hier zu beurteilende Engpassmanagementmaßnahme wurde als „Notfallmaßnahme“ bezeichnet. Vor dem Hintergrund des Regelungszwecks gebietet der Begriff „Abstimmung“ daher nicht unbedingt ein förmliches Einvernehmen, auch der Austausch über die Maßnahmen und ein faktisch konsensuales Vorgehen des Regelzonenführers und der Verteilernetzbetreiberin wird dem gesetzlichen Auftrag zur Abstimmung gerecht.

Der Entgeltanspruch des Erzeugers infolge einer Anordnung nach § 23 Abs 9 ElWOG 2010 richtet sich gegen den Regelzonenführer; nur dieser ist passivlegitimiert. Die Passivlegitimation des Regelzonenführers spiegelt sich auch in der Abgeltungsregelung zugunsten des Regelzonenführers wieder.

OGH 3. 3. 2022, 5 Ob 114/21g

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32454 vom 28.04.2022