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Entfall des FAGG-Rücktrittsrechts nach Leistungserbringung

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

FAGG: § 10, § 18 Abs 1 Z 1

Gem § 18 Abs 1 Z 1 FAGG entfällt das Rücktrittsrecht des Verbrauchers bei einem Dienstleistungsvertrag mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher

-ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Leistungserbringung schon vor Ablauf der Rücktrittsfrist begonnen wird, und
-bestätigt hat, davon Kenntnis zu haben, dass er sein Rücktrittsrecht mit der vollständigen Vertragserfüllung verlieren wird.

Der Wegfall des Rücktrittsrechts setzt nicht die Einhaltung anderer, in § 18 Abs 1 Z 1 FAGG nicht genannter Informationspflichten voraus. Dass der Verbraucher sonst entgegen § 4 Abs 1 Z 8 FAGG nicht in ausreichender Weise über das Rücktrittsrecht informiert wurde und sich deshalb die Rücktrittsfrist gem § 12 FAGG verlängert hat, schadet dem Unternehmer nicht. Nach vollständiger Leistungserbringung ist auch in diesem Fall kein Rücktritt mehr möglich.

Ein ausdrückliches Verlangen iSd § 18 Abs 1 Z 1 und § 10 FAGG liegt auch dann vor, wenn der Verbraucher mündlich den Wunsch nach einem vorzeitigen Leistungsbeginn äußert, der Unternehmer daraufhin im Vertragsformular ein Kästchen neben dem entsprechenden Text anhakt und der Verbraucher das Formular anschließend unterfertigt.

Die Erklärung des ausdrücklichen Verlangens durch den Verbraucher genügt. Eine vorangehende Aufforderung des Unternehmers ist entgegen dem Gesetzestext (§ 10 FAGG) nicht erforderlich.

OGH 29. 11. 2017, 8 Ob 122/17z

Sachverhalt

Die klagende Immobilienmaklerin vermittelte dem beklagten Verbraucher aufgrund eines Alleinvermittlungsauftrags erfolgreich einen Käufer für seine Eigentumswohnung. Der Vermittlungsauftrag kam als Auswärtsgeschäft iSd FAGG zustande. Der Beklagte weigerte sich in der Folge, die Maklerprovision zu zahlen. Stattdessen trat er unter Berufung auf Informationsfehler über sein Rücktrittsrecht und die aus diesem Grund gem § 12 Abs 1 FAGG verlängerte Rücktrittsfrist von seinem Auftrag zurück.

Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin die Zahlung der Maklerprovision.

Entscheidung

Wie die Vorinstanzen gelangte der OGH zur Auffassung, dass dem Beklagten gem § 18 Abs 1 Z 1 FAGG wegen vollständiger Erbringung der beauftragten Dienstleistung kein Rücktrittsrecht mehr zustand. § 18 Abs 1 Z 1 FAGG fordere ein ausdrückliches Verlangen des Verbrauchers zum vorzeitigen Leistungsbeginn und eine Bestätigung zum Verlust des Rücktrittsrechts durch vollständige Leistungserbringung. Beide Erklärungen seien vom Beklagten hier vor Vermittlungsbeginn abgegeben worden. Die Einhaltung anderer im FAGG vorgesehener Informationspflichten zum Rücktrittsrecht stelle keine Voraussetzung für den Entfall des Rücktrittsrechts dar.

Anmerkung

Die Frage, ob der Entfall des Rücktrittsrechts gem § 18 Abs 1 Z 1 FAGG auch die Einhaltung anderer Informationspflichten voraussetzt, ist in der Lit strittig. Der OGH folgte der ua von Schwarzenegger (in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va § 18 FAGG Rz 4) vertretenen Ansicht, dass eine unvollständige oder formal nicht ausreichende Aufklärung über das Rücktrittsrecht nicht schadet. Auf ein Vorabentscheidungsersuchen zu den mit dem FAGG umgesetzten Regelungen der Verbraucherrechte-RL verzichtete er, weil er von einem „acte clair“ ausging.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24837 vom 24.01.2018