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§ 31c Abs 5 lit b WRG 1959 sieht eine Bewilligungspflicht (im Anzeigeverfahren) für Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren (Tiefsonden) ua in Gebieten mit gespannten oder artesisch gespannten Grundwasservorkommen vor. Die Grenzen derartiger Gebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen. Unabhängig davon, dass die Ersichtlichmachung der Grenzen dieser Gebiete im Wasserbuch nur deklarativen Charakter hat, erschließt sich aus dieser gesetzlichen Anordnung ein gesetzgeberisches Konzept, wonach die Bewilligungspflicht - nur, aber immerhin - in bestimmten Gebieten bestehen soll, die einer Ersichtlichmachung im Wasserbuch im Vorhinein zugänglich sind. Daraus ist zu folgern, dass solche Gebiete ex ante in abstrakter Weise - ohne Bezugnahme auf eine konkrete geplante Anlage - bestimmt und ausgewiesen werden können müssen. Solche Gebiete sind Gebiete, in denen in generalisierender Betrachtung typischerweise mit einer gewissen räumlichen Ausdehnung gespanntes oder artesisch gespanntes Grundwasser vorliegt.
Mit diesen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen wäre ein Abstellen darauf, ob Tiefsonden einer konkreten Anlage im Einzelfall in wasserführende Schichten gespannten oder artesisch gespannten Grundwassers reichen oder nicht. Das Gesetz verlangt nicht bloß, dass das Vorliegen (artesisch) gespannten Grundwassers nicht ausgeschlossen werden kann oder damit realistischer Weise gerechnet werden muss. Vielmehr wird die Bewilligungspflicht klar daran geknüpft, dass es sich tatsächlich um ein Gebiet mit gespannten oder artesisch gespannten Grundwasservorkommen handelt. Damit die Bewilligungspflicht ausgelöst wird, muss die Behörde bzw das VwG daher das Vorliegen eines solchen Gebietes feststellen. Ein anderer Beurteilungsmaßstab kommt weder im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck, noch bestehen dafür sonst irgendwelche Anhaltspunkte, etwa in den Gesetzesmaterialien; im Gegenteil.
Da das Gesetz die Bewilligungspflicht an im Vorhinein abzugrenzende (und damit auch abgrenzbare) Gebiete knüpft, ist es auch nicht von Bedeutung, sollten bei einer bewilligungspflichtigen Anlage die Bohrungen (wider Erwarten) doch nicht auf gespanntes oder artesisch gespanntes Grundwasser treffen oder - umgekehrt - bei einer solchermaßen bewilligungsfreien Anlage doch auf derartige Grundwasserschichten stoßen. In letzterem Fall wäre der Anlageninhaber trotz Bewilligungsfreiheit der Anlage nach § 31 WRG 1959 verpflichtet, für die Reinhaltung des Wassers zu sorgen, und der Wasserrechtsbehörde stünden zur Wahrung öffentlicher Interessen Befugnisse nach dieser Bestimmung zu. Eine Auseinandersetzung über eine (behauptete) Verletzung von Rechten Dritter aus dem Betrieb einer solchen bewilligungsfreien Anlage wäre auf dem Zivilrechtsweg auszutragen.
VwGH 23. 2. 2022, Ro 2019/07/0007 bis 0008
Hinweis:
In diesem Verfahren war auch ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet worden, in dessen Rahmen der VfGH jedoch keinen Verstoß des § 31c Abs 5 lit b WRG 1959 gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG erkennen konnte (VfGH 26. 6. 2018, G 14/2018, Rechtsnews 25994).
Entscheidung
Ein Abstellen darauf, ob Tiefsonden einer konkreten Anlage im Einzelfall in wasserführende Schichten gespannten oder artesisch gespannten Grundwassers reichen oder nicht, lehnt der VwGH auch mit der Begründung ab, dass eine solche Sichtweise einem präsumtiven Anlagenbetreiber aufbürden würde, eine Anlage entweder unter der Annahme der Bewilligungsfreiheit zu projektieren und erst im Zuge der Errichtungsarbeiten gegebenenfalls eine Anzeige an die Behörde zu erstatten (womit dann allenfalls projektmodifizierende Auflagen oder gar eine Genehmigungsversagung drohen) oder umgekehrt für jede Anlage schon im Vorfeld das Einvernehmen mit der Behörde über die konkrete Ausgestaltung zu suchen, um die Bewilligungsfähigkeit auch für den nur möglichen Fall der Bewilligungspflicht sicherstellen zu können.
Das VwG musste im vorliegenden Fall somit keine Feststellungen zur Frage treffen, ob bei der Errichtung der konkreten Anlage gespannte oder artesisch gespannte Grundwasserverhältnisse tatsächlich vorgefunden wurden.
Wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben war das angefochtene VwG-Erkenntnis allerdings, weil das VwG davon ausging, dass für die Annahme der Bewilligungspflicht einer Erdwärmegewinnungsanlage nach § 31c Abs 5 lit b WRG 1959 schon der Umstand ausreiche, dass mit dem Auftreten gespannter Grundwässer nach fachlicher Voraussicht bezogen auf die konkrete Örtlichkeit zumindest gerechnet werden müsse.