News

Erkennbarkeit der bescheiderlassenden Behörde

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AVG: § 18, § 58

Vlbg BauG: § 50

Vlbg Gemeindegesetz: § 62

Für den Bescheidcharakter einer Erledigung ist es wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann. Für einen meritorischen Abspruch über eine Berufung gegen eine Erledigung, die keine Bescheidqualität hat, ist die Berufungsbehörde nicht zuständig.

Eine Erledigung des zur Vertretung des Bürgermeisters berufenen Vizebürgermeisters ist dem Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz zuzurechnen, wenn sich aus der betreffenden Erledigung eindeutig ergibt, dass der Vizebürgermeister als Baubehörde erster Instanz eingeschritten ist, etwa wenn einleitend ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass "die Baubehörde als I. Instanz (Vizebürgermeisterin ...)" entscheide. In solchen Fällen führt das Unterlassen des Zusatzes "im Auftrag" oder "i.V." bei der Fertigung der erstinstanzlichen Erledigung durch den Vizebürgermeister nicht zur absoluten Nichtigkeit der Ausfertigung.

Wie sich aus § 50 Abs 1 Vlbg BauG ergibt, ist der Bürgermeister Baubehörde erster Instanz (soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt). Gemäß § 62 Abs 3 Vlbg Gemeindegesetz hat der Vizebürgermeister den Bürgermeister bei dessen Verhinderung oder bei Erlöschen seines Amtes in allen Aufgaben zu vertreten.

Bei der hier vorliegenden Erledigung ist weder aus dem Kopf dieses Schreibens ("Gemeindeamt B...") noch aus den übrigen Ausführungen oder aus der Fertigung ("Der Vize-Bürgermeister: ...") erkennbar, welcher Behörde diese Erledigung zuzurechnen ist, zumal dem Vizebürgermeister selbst keine Behördenfunktion und damit auch keine Bescheidkompetenz zukommt. Die Erledigung ist daher ungeachtet ihrer Bezeichnung kein Bescheid und die Gemeindevertretung der Gemeinde B. war somit nicht zu einem meritorischen Abspruch über die Berufung gegen diese Erledigung befugt, sodass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde B. wegen Unzuständigkeit hätte aufheben und die Berufung zurückweisen müssen.

VwGH 20. 4. 2020, Ra 2019/06/0136

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29341 vom 06.07.2020