News

Erstbefragung nach dem AsylG – Zwang zur Selbstbelastung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AsylG 2005: § 19

B-VG: Art 90

EMRK: Art 6

StPO: § 281

Mit dem angefochtenen Urteil war der Angeklagte der Verbrechen der kriminellen Organisation (§ 278a StGB), der terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 2 StGB) und der Ausbildung für terroristische Zwecke (§ 278e Abs 2 StGB) schuldig erkannt worden. Der Angeklagte hatte der Verlesung seiner Erstbefragung durch die Asylbehörden ausdrücklich zugestimmt, macht in seiner Nichtigkeitsbeschwerde (Rechtsrüge gem § 281 Z 9 lit b StPO) jedoch nun geltend, dass er bei dieser Erstbefragung nicht auf das „grundrechtlich gewährleistete Selbstbezichtigungsverbothingewiesen worden sei („Beweismittelverbot“); die Strafbarkeit der Tat sei daher ausgeschlossen. Dieses Vorbringen lässt nach Ansicht des OGH jede methodengerechte Ableitung der gewünschten Konsequenz aus dem Gesetz vermissen:

Das Verbot eines Zwangs zur Selbstbelastung (nemo-tenetur-Prinzip) wird aus Art 6 EMRK bzw auch aus Art 90 Abs 2 B-VG, der verfassungsmäßigen Verankerung des Anklageprinzips, abgeleitet. Eine Erstbefragung nach dem AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 19 Abs 1 AsylG 2005) fällt jedoch weder in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK, noch erfolgt diese in einem gerichtlichen Strafverfahren iSd Art 90 Abs 2 B-VG. Zudem bestehen zum Schutz vor der Missachtung von Beweisverboten im Schöffenverfahren fünf – hier nicht geltend gemachte – Nichtigkeitsgründe, nämlich § 281 Abs 1 Z 2, Z 3, Z 4, Z 5 und Z 5a StPO.

OGH 11. 10. 2018, 12 Os 87/18p

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26418 vom 30.11.2018