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EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 (EU-FinAnpG 2019) – BGBl

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union [EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz – EU-BStbG] und das Bundesgesetz über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen [Kapitalmarktgesetz 2019 – KMG 2019] erlassen werden sowie die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Börsegesetz 2018, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, das Glücksspielgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert werden (EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 – EU-FinAnpG 2019)

BGBl I 2019/62, ausgegeben am 22. 7. 2019

Im Zuge seiner Beratungen über eine RV zur Änderung des BörseG 2018 (624 BlgNR 26. GP) hat der Finanzausschuss am 25. 6. 2019 auf Antrag der ehemaligen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem NR einen Selbständigen Antrag (Antrag zum EU-FinAnpG 2019) vorzulegen.

Im EU-FinAnpG 2019 finden sich Änderungen, die ursprünglich in verschiedenen ME enthalten waren, und zwar

-im EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz ( 116/ME NR 26. GP) und
-im Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz 2020 ( 150/ME NR 26. GP, Rechtsnews 27299; betr die Änderungen zum FinStrG);
-die Änderungen ua zum Kapitalmarktgesetz 2019 (KMG 2019) stammen aus dem ME 118/ME NR 26. GP,
-jene ua zum FM-GwG und zum WiEReG aus dem ME 137/ME NR 26. GP sowie
-jene zum VAG 2016 aus dem ME 154/ME NR 26. GP.

Umsetzung von EU-Recht

Mit dem Gesetzespaket erfolgt va eine Anpassung an Unionsrecht, und zwar an die

- RL (EU) 2017/1852 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union,
- RL (EU) 2017/1371 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug,
- RL (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls,
- RL (EU) 2016/800 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind,
- VO (EU) 2017/1129 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der RL 2003/71/EG,
- RL (EU) 2018/843 zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU.

Weiters wird auf die Beanstandungen der Europäischen Kommission wegen unzureichender Umsetzung der Vierten Geldwäsche-RL im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) und im Glücksspielgesetz (GSpG) reagiert.

Steuerrechtliche Änderungen

EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz – EU-BStbG

Das neue EU-BStbG legt Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten fest, die durch die unterschiedliche Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder des Übereinkommens 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (EU-Schiedsübereinkommen) entstehen. In den bilateralen DBA ist idR kein verpflichtendes Schiedsverfahren vorgesehen; die Auslegung wird bisher über Verständigungsverfahren gelöst, wobei eine verpflichtende Einigung zwischen den Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist nicht herbeigeführt werden muss. Dies führt dazu, dass Verständigungsverfahren zum Teil nicht gelöst werden können und eine Doppel- oder Mehrfachbesteuerung weiter fortbesteht, was insb zu wirtschaftlichen Verzerrungen und nachteiligen Auswirkungen auf grenzüberschreitende Investitionen und das Wachstum führen kann.

Die Verfahren nach dem neue EU-BStbG sollen nun für eine wirksame Beilegung von Streitigkeiten aufgrund von Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen sorgen:

Der betroffenen Person (natürliche oder juristische Person), die einer Doppel- oder Mehrfachbesteuerung unterliegt, wird dabei die Möglichkeit der Einbringung einer Streitbeilegungsbeschwerde gegeben (2. Teil des EU-BStbG); diese ist bei der zuständigen Behörde jedes betroffenen Mitgliedstaates gleichzeitig und mit den gleichen Angaben einzubringen.

In einem ersten Schritt sollen die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten die Streitigkeit in einem Verständigungsverfahren beilegen können (3. Teil des EU-BStbG). Die Frist für die Einigung im Verständigungsverfahren beträgt grds zwei Jahre ab Zulassung der Streitbeilegungsbeschwerde (siehe dazu näher § 24 EU-BStbG).

Kommt es zu keiner Einigung, kann auf Antrag der betroffenen Person ein schiedsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden (4. Teil des EU-BStbG). Den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten ist es vorbehalten, die Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens in einem konkreten Anlassfall festzulegen, wobei entweder das schiedsgerichtliche Verfahren vor einem Beratenden Ausschuss oder das Verfahren vor einem Ausschuss für Alternative Streitbeilegung gewählt werden kann.

-Der Beratende Ausschuss setzt sich aus unabhängigen Personen zusammen, die von der zuständigen Behörde jedes betroffenen Mitgliedstaates aus einer EU-weiten Liste ausgewählt werden, sowie aus Vertretern jeder zuständigen Behörde jedes betroffenen Mitgliedstaates zusammen. Gemeinsam geben sie innerhalb einer bestimmten Frist eine unabhängige Stellungnahme dazu ab, wie eine Streitigkeit gelöst werden soll.
-Der Ausschuss für Alternative Streitbeilegung hingegen ist hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Form und seines Verfahrens zur Abgabe der Stellungnahme frei wählbar. So ist es etwa denkbar, anstelle eines ad hoc-Gremiums, das für jeden Streitfall neu gebildet werden muss, ein ständiges Gremium mit der Abgabe einer Stellungnahme und somit mit der Lösung einer Streitigkeit zu betrauen.

Die Verfahren enden mit einer für die betroffene Person verbindlichen und durchsetzbaren, abschließenden Entscheidung.

Das EU-BStbG tritt mit 1. 9. 2019 in Kraft (ME: 1. 7. 2019).

Auch die Änderungen der BAO und des BFGG treten mit 1. 9. 2019 in Kraft und dienen der Umsetzung der RL (EU) 2017/1852 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union. Zur Verbesserung der Verfahrensökonomie und Erhöhung der Rechtssicherheit ist der Großteil dieser Bestimmungen auch auf Verständigungsverfahren anzuwenden, die auf einer anderen Grundlage als dem EU-BStbG geführt werden, also beispielsweise einem Doppelbesteuerungsabkommen oder dem EU-Schiedsübereinkommen.

FinStrG

Im FinStrG kommt es va zu folgenden Änderungen (siehe dazu ausführlich Rechtsnews 27299 zum ME des ursprünglich geplanten Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetzes 2020):

-Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug(„Karussellbetrug“): Die Nichtabfuhr von Umsatzsteuer wird im neuen § 40 FinStrG unter Strafe gestellt, sofern von Vornherein der Vorsatz besteht, keine Umsatzsteuer abzuführen und der Einnahmenausfall im Gemeinschaftsgebiet mindestens 10 Mio € beträgt.
- Strafverschärfung bei Steuer- und Zolldelikten: Verdoppelung der maximal möglichen Freiheitsstrafe von zwei auf vier Jahre bei Abgabenhinterziehung, Schmuggel oder Abgabenhehlerei von mehr als € 100.000,-; Entfall des § 38 FinStrG(Gewerbsmäßige Tatbegehung; die Absicht, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger der Täter gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wird als Erschwerungsgrund in § 23 Abs 2 FinStrG aufgenommen).
Da die Mitgliedstaaten nach der PIF-RL andere als strafrechtliche Sanktionen nur vorsehen dürfen, wenn die Straftat einen Schaden oder Vorteil von unter 10.000,- € zur Folge hat, müssen die von der PIF-Richtlinie erfassten Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben oder der vorsätzlichen Abgabenhehlerei ab einem Schadensbetrag von 10.000,- € mit Freiheitsstrafen sanktioniert werden können, weshalb die Betragsgrenze für die Zuständigkeit des Spruchsenatsvon € 15.000,- € auf € 10.000,- € gesenkt wird.

Wirtschaftsrechtliche Änderungen

Kapitalmarktgesetz 2019 – KMG 2019

Die Aufhebung des bisherigen KMG und die Erlassung des neuen Kapitalmarktgesetzes 2019 (KMG 2019) erfolgen im Wesentlichen zur Anpassung an die VO (EU) 2017/1129 (ProspektVO).

Die Regeln für das öffentliche Angebot von Veranlagungen und Wertpapieren waren – aus historischen Gründen – im KMG (alt) weitgehend miteinander verwoben. Im Hinblick auf die VO (EU) 2017/1129, die nun auf das öffentliche Angebot von Wertpapieren unmittelbar anwendbar ist, und das Doppelregelungsverbot bei unmittelbar anwendbarem EU-Recht war das Regime des KMG für das öffentliche Angebot von Wertpapieren weitgehend zu beseitigen (die diesbezüglichen Regelungen im neuen KMG 2019 dienen va der Anwendbarmachung der VO (EU) 2017/1129); gleichzeitig wird das bestehende Regime für das öffentliche Angebot von Veranlagungen aufrechterhalten.

Die VO (EU) 2017/1129 übernimmt im Wesentlichen das Regime der aufgehobenen RL 2003/71/EG. Sohin waren als wesentliche Begleitvorschriften (wie schon bisher) die FMA als vollziehende Behörde für das Prospektrecht für Wertpapiere vorzusehen und die Verwaltungsstrafbestimmungen auf die VO (EU) 2017/1129 umzurüsten.

Die Bestimmungen des neuen KMG 2019 sind nun folgendermaßen gegliedert:

-1. Hauptstück – Öffentliches Angebot von Veranlagungen (§§ 1 bis 11 KMG 2019);
-2. Hauptstück – Öffentliches Angebot von Wertpapieren; Anwendung der VO (EU) 2017/1129 (§§ 12 bis 20 KMG 2019);
-3. Hauptstück – Gemeinsame Bestimmungen für Veranlagungen und Wertpapiere (§§ 21 bis 26 KMG 2019);
-4. Hauptstück – Übergangs- und Schlussbestimmungen (§§ 27 bis 31 KMG 2019);

Das KMG 2019 tritt grds mit 21. 7. 2019 in Kraft.

Va zur Anpassung an das neue KMG 2019 dienen die Änderungen von AltFG, ImmoInvFG etc.

FM-GwG, WiEReG und GSpG

Im Hinblick auf die RL (EU) 2018/843 (5. GeldwäscheRL) werden im FM-GwG, im WiEReG und im GSpG va folgende Maßnahmen umgesetzt:

- Beaufsichtigung von Dienstleistern in Bezug auf virtuelle Währungen durch die FMA (vgl va die neuen § 2 Z 21 und Z 22 FM-GwG und §§ 32a und 32b FM-GwG). Durch die gleichzeitige Berücksichtigung der für diesen Bereich adaptierten Empfehlungen und Interpretationen der Financial Action Task Force (FATF) soll ein beständiger rechtlicher Rahmen geschaffen werden.
-Festlegung von verstärkten Sorgfaltspflichten bei Transaktionen und Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu Drittländern mit hohem Risiko.
-Verbesserung der Zusammenarbeit der FMA und der Glücksspielaufsicht mit anderen nationalen und internationalen Behörden für die Zwecke der Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.
-Umsetzung der von der RL vorgeschriebenen Maßnahmen zur Gewährleistung der Datenqualität im Register der wirtschaftlichen Eigentümer und der zusätzlichen Sanktionen der Rechtsträger unter Berücksichtigung des Grundsatzes Beraten statt Strafen. So werden primär die Analysemöglichkeiten der Registerbehörden ausgebaut und das Vermerksystem als zentrale Maßnahme zur Beseitigung von unrichtigen Meldungen verwendet. Die Aktualität der Daten soll durch die Verpflichtung zur Meldung nach der jährlichen Durchführung der Sorgfaltspflichten gesichert werden (Schlussteil in § 5 Abs 1 WiEReG).
Weiters wird ein „Compliance-Package“ eingeführt (§ 5a WiEReG), dsa für meldepflichtige Rechtsträger die Möglichkeit schafft, die für die Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer erforderlichen Dokumente auf freiwilliger Basis im Register zu speichern. Dadurch soll der Zeitaufwand für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch die Rechtsträger und die Verpflichteten deutlich reduziert werden: Bisher mussten nämlich dieselben Dokumente mehrfach übermittelt werden, wenn ein Rechtsträger Geschäftsbeziehungen zu mehreren Verpflichteten hatte (Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Steuerberater, Rechtsanwälte usw); durch allgemeine Mindestanforderungen an die Dokumente, die zentrale Speicherung der Dokumente und die Gültigkeit des Compliance-Packages von zwölf Monaten soll der Zeitaufwand nun signifikant sinken. Um eine hohe Qualität der übermittelten Unterlagen sicherzustellen, ist die Übermittlung eines Compliance-Packages nur zulässig, wenn die wirtschaftlichen Eigentümer durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter festgestellt und überprüft wurden.
In dem von der RL zwingend vorgegebenen Umfang wird nun auch eine öffentlichen Einsicht eingeführt (Möglichkeit für „jedermann“ zur Anforderung eines öffentlichen Auszugs im elektronischen Weg ohne Nachweis eines berechtigten Interesses).

Die Regelungen treten im Wesentlichen am Tag nach Kundmachung im BGBl bzw mit 10. 1. 2020 in Kraft.

VAG 2016

Einer ausdrücklichen Forderung der Europäische Kommission folgend wird im VAG 2016 klargestellt, dass das Bilaterale Abkommen zwischen derEU und den USA über Aufsichtsmaßnahmen für die Versicherung und die Rückversicherung im Hinblick auf den Betrieb der Rückversicherung den innerstaatlichen Bestimmungen für Versicherer aus Drittländern vorgeht. Die Klarstellung des Anwendungsvorrangs des Abkommens ist für dessen reibungslose Anwendung ab dem 22. 9. 2019 erforderlich und für die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und den USA von Bedeutung.

Weiters wird ein Redaktionsversehen bei der Umsetzung der RL 2009/138/EG (Solvabilität II) beseitigt, was die EU-Kommission bereits eingefordert hat. Einige Bestimmungen, die ebenfalls im Rahmen der Umsetzung der RL 2009/138/EG erlassen wurden, sind – ebenfalls zur Hintanhaltung eines Vertragsverletzungsverfahrens – klarzustellen.

Die VAG-Novelle 2019 tritt mit dem Tag nach Kundmachung im BGBl bzw mit 22. 9. 2019 in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27649 vom 23.07.2019