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EuGH: Aufenthaltstitel trotz negativem Einreisevermerk im SIS?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

SDÜ: Art 25

Schengener Grenzkodex: Art 6

Art 25 Abs 1 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen) steht einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die die Erteilung, Verlängerung oder Erneuerung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familienzusammenführung gestattet, die im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats von einem Drittstaatsangehörigen beantragt wird, der im Schengener Informationssystem zur Verweigerung der Einreise in den Schengen-Raum ausgeschrieben ist und dessen Identität nicht mittels eines gültigen Reisedokuments festgestellt werden konnte, wenn die Interessen des vorab konsultierten ausschreibenden Mitgliedstaats berücksichtigt wurden und der Aufenthaltstitel nur bei Vorliegen „gewichtiger Gründe“ iS dieser Bestimmung erteilt, verlängert oder erneuert wird („insbesondere aus humanitären Gründen oder aufgrund internationaler Verpflichtungen“).

Art 6 Abs 1 Buchstabe a Schengener Grenzkodex [VO (EU) 2016/399] findet auf einen Drittstaatsangehörigen in einer solchen Situation keine Anwendung. Nach dieser Bestimmung müssen Drittstaatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten für einen Aufenthalt im Schengen-Raum „von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen“ im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt. Der Schengener Grenzkodex regelt somit nicht die Situation von Drittstaatsangehörigen, die sich bereits im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten und dort einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Familienzusammenführung besitzen.

EuGH 4. 3. 2021, C-193/19, Migrationsverket

Zu einem schwedischen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30559 vom 08.03.2021