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EuGH: Datenschutz – öffentliche Telefonverzeichnisse

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSGVO: Art 4, Art 5, Art 6, Art 17, Art 24, Art 95

e-Datenschutz-RL: Art 2, Art 12

1. Wurde ein Teilnehmer von einem Telefondienstanbieter über die Möglichkeit der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an Dritte zum Zweck der Veröffentlichung in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis informiert und hat der Teilnehmer dazu eingewilligt, hängt die Weitergabe der Daten durch den Anbieter bzw das betreffende Drittunternehmen an ein anderes Unternehmen, das ein gedrucktes oder elektronisches öffentliches Teilnehmerverzeichnis veröffentlichen oder über Auskunftsdienste zugänglich machen möchte, nicht von einer erneuten Einwilligung des Teilnehmers ab, sofern gewährleistet ist, dass die Daten nicht für andere Zwecke als diejenigen verwendet werden, für die sie im Hinblick auf ihre erste Veröffentlichung erhoben wurden. Die gem Art 12 Abs 2 e-Datenschutz-RL erteilte Einwilligung eines ordnungsgemäß unterrichteten Teilnehmers in die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis bezieht sich nämlich auf den Zweck dieser Veröffentlichung und erstreckt sich somit auf jede weitere Verarbeitung dieser Daten durch dritte Unternehmen auf dem Markt für öffentlich zugängliche Telefonauskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, sofern diese Verarbeitung denselben Zweck verfolgt.

Wünscht derjenige, der die Daten beim Teilnehmer erhebt, oder ein Dritter, an den die Daten weitergegeben wurden, diese Daten zu einem weiteren Zweck zu verwenden, so muss allerdings, wie es im 39. Erwägungsgrund dieser RL heißt, entweder der ursprüngliche Datenerheber oder der Dritte, an den die Daten weitergegeben wurden, die erneute Einwilligung des Teilnehmers einholen.

Die Einwilligung muss grds den Anforderungen von Art 4 Nr 11 DSGVO genügen („in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene“ Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen „eindeutigen bestätigenden Handlung“). Die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten in Teilnehmerverzeichnissen ist daher nur dann als rechtmäßig iSv Art 6 Abs 1 Buchst a DSGVO anzusehen, wenn die Einwilligung dem Telefondienstanbieter oder einem der Anbieter von Teilnehmerverzeichnissen ausdrücklich erteilt wurde; die Identität aller Anbieter von Verzeichnissen, die ihre personenbezogenen Daten verarbeiten werden, muss die betroffene Person im Zeitpunkt ihrer Einwilligung jedoch nicht unbedingt kennen.

2. Der Antrag eines Teilnehmers, seine personenbezogenen Daten aus öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen und Telefonauskunftsdiensten zu entfernen, stellt eine Ausübung des „Rechts auf Löschung“ iSd Art 17 DSGVO dar.

3. Eine nationale Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass ein Anbieter von öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen und Telefonauskunftsdiensten als Verantwortlicher geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergreift, um weitere Verantwortliche, nämlich den Telefondienstanbieter, der ihm die personenbezogenen Daten seines Teilnehmers übermittelt hat, sowie die anderen Anbieter von öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen und Telefonauskunftsdiensten, denen er selbst solche Daten geliefert hat, über den Widerruf der Einwilligung dieses Teilnehmers zu informieren.

4. Der EuGH hat auch keine Bedenken dagegen, dass die nationale Aufsichtsbehörde den Anbieter von öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen und Telefonauskunftsdiensten, von dem die betroffene Person verlangt hat, ihre personenbezogenen Daten nicht mehr zu veröffentlichen, zu „angemessenen Maßnahmen“ iSd Art 17 Abs 2 DSGVO verpflichtet, um auch Suchmaschinenanbieter über diesen Antrag auf Löschung von Daten zu informieren.

EuGH 27. 10. 2022, C-129/21, Proximus (Annuaires électroniques publics)

Zu einem belgischen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33209 vom 28.10.2022