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EuGH: Prospekthaftungsklage nach Beschluss über Bankenabwicklung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2003/71/EG idF RL 2008/11/EG: Art 6

RL 2014/59/EU: Art 34, Art 53, Art 60

Nach Erlass der Abwicklungsentscheidung auf der Grundlage von Art 34 Abs 1 Buchst a, Art 53 Abs 1 und 3 sowie Art 60 Abs 2 Unterabs 1 Buchst b und c RL 2014/59/EU [zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen ...] kann keine Haftungsklage (Prospekthaftung) gem Art 6 RL 2003/71/EG (ProspektRL) idF RL 2008/11/EG oder Klage nach nationalem Recht auf Nichtigerklärung des Aktienzeichnungsvertrags gegen das Kreditinstitut oder die Wertpapierfirma, das bzw die den Prospekt ausgegeben hat, oder deren Rechtsnachfolgerin erhoben werden.

Personen, die vor Eröffnung eines Abwicklungsverfahrens im Rahmen eines öffentlichen Zeichnungsangebots Aktien eines Kreditinstituts oder einer Wertpapierfirma erworben haben, können daher nach der vollständigen Herabschreibung der Aktien des Stammkapitals dieses Instituts, das sich in Abwicklung befindet, gegen dieses Institut oder dessen Rechtsnachfolgerin keine Haftungsklage nach der ProspektRL aufgrund der Angaben in dem Prospekt und keine Klage auf Nichtigerklärung des Aktienzeichnungsvertrags erheben, die zur Rückgewähr des Gegenwerts der Aktien zuzüglich Zinsen ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses führen soll.

EuGH 5. 5. 2022, C-410/20, Banco Santander

Ausgangsfall

Zu einem spanischen Vorabentscheidungsersuchen.

Im Juni 2016 erwarben J.A.C. und M.C.P.R. Aktien im Rahmen eines öffentlichen Zeichnungsangebots im Zuge einer Kapitalerhöhung von Banco Popular. Gemäß der Entscheidung des Fonds für eine geordnete Sanierung von Kreditinstituten vom 7. 6. 2017 wurde der Nennwert des Stammkapitals von Banco Popular auf null herabgesetzt und sämtliche Aktien dieses Stammkapitals wurden ohne Entschädigung vollständig herabgeschrieben.

Im Anschluss an diese Entscheidung wurden die Aktien von Banco Popular neu ausgegeben; Banco Santander erwarb sämtliche Aktien und führte im Jahr 2018 eine Verschmelzung durch Aufnahme durch. Dieser Vorgang führte dazu, dass die Rechtspersönlichkeit von Banco Popular erlosch und Banco Santander zu deren Rechtsnachfolgerin wurde.

Im März 2018 erhoben J.A.C. und M.C.P.R. Klage gegen Banco Popular auf Nichtigerklärung des Aktienzeichnungsvertrags; sie stützten sich auf Irrtum (Unterzeichnung des Vertrags auf der Grundlage unvollständiger und ungenauer Angaben zur Buchhaltung und zur Vermögenslage im Prospekt) bzw Arglist (Fälschung oder Verschweigung der Informationen zur Vermögenslage).

Hinweis:

Die RL 2003/71/EG (ProspektRL) wurde durch die VO (EU) 2017/1129 (ProspektVO) grds mit Wirkung vom 21. 7. 2019 aufgehoben. Zum Zeitpunkt des Ausgangsrechtsstreits waren jedoch die Bestimmungen der RL 2003/71/EG immer noch in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32513 vom 10.05.2022