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EuGH: Sanktionen bei Verstößen gegen VerbraucherkreditRL

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

RL 2008/48/EG: Art 8, Art 10, Art 23

Gemäß Art 23 RL 2008/48/EG [über Verbraucherkreditverträge ...; VerbraucherkreditRL] müssen die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund dieser RL erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Wie es im 47. Erwägungsgrund dieser RL heißt, bleibt die Wahl der betreffenden Sanktionsregelung innerhalb dieser Grenzen den Mitgliedstaaten überlassen.

Die VerbraucherkreditRL sieht verschiedene Pflichten vor, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. So sind sowohl die Verpflichtung iSv Art 8 Abs 1 VerbraucherkreditRL, vor Abschluss des Kreditvertrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten, als auch die ua in Art 10 Abs 2 dieser RL vorgesehene Informationspflicht von grundlegender Bedeutung, diese Verpflichtungen verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele und der Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat sowohl aus Sicht des von der in Rede stehenden Bestimmung geschützten rechtlichen Interesses als auch aus Sicht der Parteien des Kreditvertrags keine vergleichbaren Folgen.

Der Verstoß gegen die Verpflichtung, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten, könnte zur Folge haben, dass dieser einen Kreditvertrag abschließt, der zu seiner Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit führt. Demgegenüber können die Folgen des Verstoßes gegen die Informationspflichten je nach der konkreten in Rede stehenden Pflicht erheblich variieren, weil außerdem die Schwere dieses Verstoßes in der Praxis von der Zahl und der Bedeutung der im Kreditvertrag fehlenden Informationen abhängt. Solche Verstöße können es dem Verbraucher zB erschweren, Kreditangebote zu vergleichen oder die sich aus dem Kreditvertrag ergebenden Rechte auszuüben.

Folglich kann der Verstoß gegen zwei Pflichten von grundlegender Bedeutung unterschiedliche Folgen für den Verbraucher haben, und die verhängten Sanktionen, die nicht zwangsläufig dieselben sein müssen, müssen in beiden Fällen insb verhältnismäßig sein und dabei sowohl der individuellen Schwere des Verstoßes als auch den unterschiedlichen Folgen Rechnung tragen, die sich daraus für den Verbraucher ergeben.

Es läuft somit Art 23 VerbraucherkreditRL nicht zuwider, wenn sich eine bei einem Verstoß gegen die in Art 8 Abs 1 dieser RL vorgesehene Verpflichtung zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verhängte Sanktion von der Sanktion unterscheidet, die bei einem Verstoß gegen andere eventuell gleichwertige in dieser RL vorgesehene Pflichten, insb die in Art 10 Abs 2 der RL genannte Pflicht hinsichtlich der in Verbraucherkreditverträge aufzunehmenden Angaben, vorgesehen ist, sofern die in diesem Art 23 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

EuGH 24. 10. 2024, C-339/23, Horyzont

Zu einem polnischen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36026 vom 29.10.2024