News

Falsche Behauptung einer Verschuldung – Erpressung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 144

Die (wahrheitswidrige) Behauptung, jemand sei verschuldet und deshalb allenfalls weniger kreditwürdig (hier: Schreiben, in denen gegenüber den Adressaten unberechtigte Schadenersatzforderungen erhoben und die Eintragung in ein internationales Schuldenregister samt anschließender Zwangsvollstreckung angedroht werden), reicht (ohne Hinzutreten konkreter weiterer Umstände) noch nicht als Sachverhaltsgrundlage für die Annahme einer Beeinträchtigung des Rechtsguts Vermögen aus – selbst wenn der deliktsspezifisch weite Vermögensbegriff des § 144 StGB (Erpressung) angelegt wird. Auf der Sachverhaltsebene wurde im vorliegenden Fall jedoch als Bedeutungsinhalt dieser Schreiben die Ankündigung eines Übels in Form von „zwangsläufig verbundenen Kosten“ (für die anwaltliche Vertretung und andere verfahrensbedingte Aufwendungen) festgestellt.

OGH 25. 6. 2018, 17 Os 10/18a

Ausgangsfall

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die beiden Angeklagten (Mitlieder der Gruppierung der „Staatsverweigerer“) als Mittäter ua der (versuchten) Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt, nachdem sie mehrfach Schreiben an Beamte gerichtet hatten, in denen sie unberechtigte Schadenersatzforderungen erhoben und die Eintragung eines Pfandrechts in ein internationales Schuldenregister samt anschließender Zwangsvollstreckung androhten. Damit wollten die Angeklagten die Einhebung fälliger Gebühren und Abgaben verhindern (Nötigung zur Unterlassung der Einhebung der Abgaben durch gefährliche Drohung mit einer Schädigung am Vermögen).

Zum Bedeutungsinhalt der Schreiben stellte das ErstG fest, dass den Adresssanten mit diesen Schreiben ein Übel in Form von „zwangsläufig verbundenen Kosten“ (für die anwaltliche Vertretung und andere verfahrensbedingte Aufwendungen) ernsthaft angekündigt worden sei; darin erblickten die Tatrichter (rechtlich) eine Drohung mit einer Verletzung am Vermögen (§ 144 StGB). Zudem gingen sie von einer Verletzung der Ehre „wegen des fälschlichen Eindrucks der Kreditunwürdigkeit“ und wegen der „Veröffentlichung von ungerechtfertigten Schadenersatzforderungen im Internet“ aus. Nicht als erwiesen sahen die Tatrichter hingegen an, dass die Angeklagten den Adressaten ernsthaft mit einer Verletzung deren Vermögens in (der exorbitanten) Höhe der behaupteten Forderung drohen wollten und damit zusammenhängend mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten (jeweils aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO) waren nach Ansicht des OGH nicht im Recht. Insbesondere hatte der OGH keine Bedenken gegen die Feststellungen zum Bedeutungsgehalt der Schreiben hinsichtlich der Ankündigung eines Übels in Form von „zwangsläufig verbundenen Kosten“ (für die anwaltliche Vertretung und andere verfahrensbedingte Aufwendungen). Entgegen der Ansicht des ErstG stellt die (wahrheitswidrige) Behauptung, jemand sei verschuldet und deshalb allenfalls weniger kreditwürdig, nach Auffassung des OGH jedoch per se keine Verletzung an der Ehre dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten wurden vom OGH zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen wurden die Akten dem OLG zugeleitet.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26148 vom 09.10.2018