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Fortgesetzte Gewaltausübung iSd § 107b Abs 2 StGB

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

StGB: § 107b

Gewaltausübung iSd § 107b Abs 2 StGB umfasst einerseits körperliche Misshandlungen einer anderen Person (erster Fall), andererseits vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit mit Ausnahme der strafbaren Handlungen nach §§ 107a, 108 und 110 StGB (zweiter Fall).

Der erste Fall setzt (schon nach seinem Wortlaut) eine Einwirkung auf den Körper (und nicht bloß auf die Psyche) des Opfers voraus, wobei dolus eventualis in Bezug auf die körperliche Misshandlung sowie die längere Zeit hindurch fortgesetzte Gewaltausübung genügt.

Der zweite Fall des § 107b Abs 2 StGB umfasst auch psychische Einwirkungen auf das Opfer, wenn sie als strafbare Handlungen gegen Leib und Leben oder die Freiheit (mit Ausnahme der §§ 107a, 108 und 110 StGB) zu qualifizieren wären. Der Vorsatz des Täters muss daher sowohl dem Tatbestand des jeweiligen Anknüpfungsdelikts entsprechen, als auch darauf gerichtet sein, längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt auszuüben.

Während demnach der Misshandlungsbegriff des § 107b Abs 2 erster Fall StGB Ohrfeigen, Schläge gegen den Körper, das Herumstoßen und Würgen des Opfers und das Werfen „mit Wucht“ gegen ein Bett umfasst, fallen Drohungen, Erniedrigungen und sonstige Ge- oder Verbote (hier: die Ankündigungen, dem minderjährigen Opfer „das Gesicht zu brechen“ und seiner Mutter „etwas anzutun“, etwa sie zu töten oder mit einem Messer anzugreifen; die Befehle, längere Zeit „in der Ecke“ zu stehen oder das Kinderzimmer nicht zu verlassen), nur dann in den Gewaltbegriff des § 107b Abs 2 zweiter Fall StGB, wenn sie als strafbare Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit (mit Ausnahme solcher nach §§ 107a, 108 und 110 StGB) zu qualifizieren wären, wozu die angefochtene Entscheidung jedoch keine Feststellungen enthält.

OGH 12. 12. 2017, 14 Os 101/17k

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24812 vom 17.01.2018