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Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Bundesgesetz, mit dem das BFA-Einrichtungsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz, das AsylG 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – FrÄG 2015)

BGBl I 2015/70, ausgegeben am 18. 6. 2015

Zur geringfügig geänderten RV siehe LN Rechtsnews 19353 vom 22. 4. 2015.

Anpassung an EU-RL

Mit dem FrÄG 2015 werden – mit 20. 7. 2015 – die fremdenrechtlichen Materiengesetze vorrangig an die Vorgaben zweier EU-Richtlinien angepasst, und zwar an die RL 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung der Verfahrensrichtlinie) und an die RL 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung der Aufnahmerichtlinie).

Darüber hinaus werden die begleitenden legistischen Maßnahmen zur Einigung des Bundes und der Länder betreffend die flexible Steuerung bei der Aufnahme und Betreuung von Asylwerbern getroffen. Dieses „Gemeinsame Konzept des Bundes und der Länder“ bedingt ua umfassende Änderungen im Zulassungsverfahren, nämlich einen Entfall der Einschränkung und der Konzentration des Zulassungsverfahrens auf die Erstaufnahmestellen, eine Neuregelung der Vorführungsbestimmungen sowie die Einführung der Anordnungsbefugnis des Bundesamtes betreffend die weitere Vorgangsweise nach Antragstellung auf internationalen Schutz. Für diese flankierenden legistischen Maßnahmen sind Anpassungen im BFA-VG, BFA-G, AsylG 2005 sowie GVG–B 2005 erforderlich.

Zu den Details siehe LN Rechtsnews 19353 vom 22. 4. 2015.

Änderungen gegenüber der RV

Verkürzte Beschwerdefrist

Der VfGH hat anlässlich eines Beschwerdeverfahrens gem Art 140 Abs 1 B-VG amtswegig ein Gesetzesprüfungsverfahren zu der Frage eingeleitet, ob die bisher vorgesehene zweiwöchige Beschwerdefrist des § 16 Abs 1 BFA-VG aufgrund der Abweichung von der generellen vierwöchigen Beschwerdefrist gem § 7 Abs 4 VwGVG verfassungskonform ist (VfGH 10. 3. 2015, E 874/2014 [G 171/2015], LN Rechtsnews 19290 vom 10. 4 .2015).

Im Hinblick darauf wird § 16 Abs 1 BFA-VG dahingehend adaptiert, dass nur jene Beschwerdeverfahren von der verkürzten Beschwerdefrist erfasst sind, in denen eine verkürzte Beschwerdefrist unerlässlich ist. Jene Fälle werden durch Aufnahme der Tatbestände des § 3 Abs 2 BFA-VG direkt genannt.

In der Begründung zum Abänderungsantrag wird davon ausgegangen, dass diese Adaptierung auch dem negativ beschiedenen potentiellen Rechtsschutzsuchenden die adäquate Rechtsmittelausführung innerhalb zwei Wochen ermöglicht, va auch weil der Fremde in Beschwerdeverfahren Anspruch auf Rechtsberatung gem § 52 Abs 2 BFA-VG hat. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Rechtslage vor dem 1. 1. 2014 eine Beschwerdefrist von zwei Wochen vorsah und dies zu keinen Bedenken hinsichtlich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf eine wirksame Beschwerde (Art 13 EMRK) führte.

Durch den Zusatz „sofern nichts anderes bestimmt ist“ wird – so die Begründung des Abänderungsantrags – zum Ausdruck gebracht, dass die verkürzte Beschwerdefrist nicht zur Anwendung gelangt, wenn an anderer Stelle eine andere Frist vorgesehen ist (zB sechswöchige Beschwerdefrist für Schubhaftbescheide gem § 22a BFA-VG oder einwöchige Beschwerdefrist in den Fällen des § 22 Abs 12 AsylG 2005). Ferner ist die verkürzte Beschwerdefrist nach wie vor bei Fremden, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung unbegleitete Minderjährige sind, nicht anzuwenden.

Abschiebeschutz bei Folgeanträgen in „Dublin-Fällen“

§ 12a Abs 1 AsylG 2005 wird eine Z 4 angefügt. Es handelt sich um eine Anpassung aufgrund des Erkenntnisses VfGH 26. 2. 2014 (G 59/2013, LN Rechtsnews 17042 vom 7. 4. 2014) mit dem dieser § 12a Abs 1 AsylG 2005 idF BGBl I 2009/122 für verfassungswidrig erkannte. Diese Bestimmung führte zu einem verfassungswidrigen undifferenzierten generellen Ausschluss des faktischen Abschiebeschutzes, ist mit dem FrÄG 2011, BGBl I 2011/138, aber bereits außer Kraft getreten. Mit dem FrÄG 2011 wurde bereits eine inhaltliche Anpassung des § 12a Abs 1 AsylG 2005 vorgenommen, wodurch seither insb Umstände berücksichtigt werden, die seit der Entscheidung gem § 5 AsylG 2005 im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art 3 EMRK aufgetreten sind. Eine erneute Überprüfung im Hinblick auf Art 8 EMRK wurde nicht vorgesehen.

Nun wird entsprechend dem zitierten VfGH-Judikat durch einen expliziten Verweis das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK weiterhin berücksichtigt: Der faktische Abschiebeschutz bei Folgeanträgen in „Dublin-Fällen“ besteht nach der Begründung des Abänderungsantrags dementsprechend nur dann nicht, wenn zusätzlich zu den Kriterien nach § 12 Abs 1 Z 1 bis 3 AsylG 2005 die Anordnung zur Außerlandesbringung bzw Ausweisung weiterhin nicht das Recht des Asylwerbers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens verletzt. Im Falle einer Zulassung trete zugleich eine frühere Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft (§ 61 Abs 4 FPG).

Grundversorgung bei faktischem Abschiebeschutz

In § 2 Abs GVG-B 2005 wird in Abs 7 ein Satz angefügt, wonach „eine Versorgung des Fremden iSd Art 20 Abs 5 letzter Satz der RL 2013/33/EU [...] bis zur Ausreise aus dem Bundesgebiet jedenfalls zu gewährleisten“ ist. Die Ergänzung erfolgt gem der Begründung zum Abänderungsantrag entsprechend dem gemeinsamen Konzept des Bundes und der Länder, wonach jedenfalls eine Grundversorgung iSd Art 20 Abs 5 letzter Satz Neufassung der Aufnahmerichtlinie sicherzustellen ist, wenn eine Abschiebung von Personen aus faktischen Gründen nicht stattfindet.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19703 vom 19.06.2015