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Gewährleistung für gefährliche Elektrik beim Kauf einer Altbauwohnung?

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: §§ 870, 871, 922

Wer eine fast 70 Jahre alte, unsanierte Eigentumswohnung in einem teilsanierten Haus kauft, deren Zustand ihm als Mitbewohner bzw Besucher der Mieter bekannt ist, kann ohne ausdrückliche Zusage des Verkäufers nicht davon ausgehen, dass die Elektroinstallationen der Wohnung dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Es begründet daher keinen Mangel, für den der Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung einstehen müsste, wenn die elektrische Anlage aufgrund der fehlenden Erdung und des fehlenden Fehlerstrom-Schutzschalters eine Gesundheitsgefahr darstellt.

Den Verkäufer einer fast 70 Jahre alten Eigentumswohnung trifft keine vorvertragliche Aufklärungspflicht über den gesundheitsgefährdenden Zustand der Elektroinstallationen, wenn er die Wohnung ausdrücklich als unsaniert verkauft und dem Käufer der Zustand als Mitbewohner bzw Besucher der Mieter ohnehin bekannt sein müsste.

OGH 28. 9. 2016, 7 Ob 156/16s

Sachverhalt

Der Kläger kaufte von der Beklagten jene Eigentumswohnung, die seine Eltern seit 1961 als Mieter bewohnen und bis 1978 auch sein eigener Wohnsitz war. Grundsätzlich kannte er den aktuellen Zustand der Wohnung von Besuchen bei seinen Eltern. Im Kaufvertrag wird dieser Zustand als „unsaniert“ bezeichnet.

Das Wohnhaus wurde zwischen 1942 und 1945 errichtet. Nach einem ziviltechnischen Gutachten, das in den Kaufvertrag als Leistungsbeschreibung einbezogen wurde, wurde das Haus im Jahr 2005 „teilsaniert (Fassade, Fenster, Decke, Dachboden, Kellerdecke)“. Im Gutachten ist festgehalten, dass die elektrotechnischen Anlagen nicht überprüft wurden. Zu deren Zustand haben die Parteien auch keine andere ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen.

Die Elektroinstallationen der Wohnung befinden sich nicht mehr auf dem Stand der Technik, weil dem Alter der Wohnung entsprechend ein ausreichender Personenschutz fehlt (Erdung, Fehlerstrom-Schutzschalter). Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger, die Beklagte zur Verbesserung zu verpflichten. Der gesundheitsgefährdende Zustand der elektrischen Anlage stelle auch bei einer Altbauwohnung einen Mangel dar.

Entscheidung

Abweichend vom BerufungsG, das die Mangelhaftigkeit bejaht hatte, wies der OGH die Klage ab. Der gefährliche, aber altersgemäße Zustand der Elektroinstallationen begründe bei einer Eigentumswohnung, die ausdrücklich als unsaniert verkauft wird, keinen Mangel.

Anmerkung

Vgl 2 Ob 176/10m = Zak 2011/705, 376. Dort ist der OGH davon ausgegangen, dass die Betriebssicherheit der Elektroinstallationen „im Regelfall“ eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft ist, für die der Wohnungsverkäufer mangels abweichender Vereinbarung Gewähr zu leisten hat. Dieser Fall betraf eine 1956 errichtete Eigentumswohnung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22512 vom 27.10.2016