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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Der gewerberechtliche Geschäftsführer (§ 39 GewO 1994) muss sicherstellen, dass die Grenzen der Gewerbeberechtigung nicht überschritten werden. Unbefugte Tätigkeiten, die von der Gewerbeberechtigung nicht gedeckt sind und ein fremdes Gewerbe betreffen, müssen unterbleiben.
§ 39 Abs 1 GewO iVm den Strafnormen ist ein Schutzgesetz zugunsten des Bestellers. Der gewerberechtliche Geschäftsführer haftet daher den Auftraggebern gegenüber zwar nicht für die Ausführung (Erfüllung) von Verträgen, aber sehr wohl für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften (hier: Haftung für Überschreitung der Gewerbeberechtigung).
Sachverhalt
Die erstbekl GmbH verfügt über die Gewerbeberechtigung „Deichgräber“ (Erdbewegungsarbeiten). Ein Deichgräber (Erdbeweger) darf keine Erdarbeiten ausführen, für die statische Kenntnisse erforderlich sind. Der Zweitbekl ist der gewerberechtliche (und gleichzeitig handelsrechtliche) Geschäftsführer der Erstbekl.
Die Kl sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines Kleingartens in Wien, auf dem sie ein Gebäude errichten wollten. Den Einreichplan und ein baugeologisches Gutachten stellten sie der Erstbekl zur Angebotserstellung für den Aushub einer Baugrube zur Verfügung; nach dem baugeologischen Gutachten waren für den Aushub der Baugrube keine Stützmaßnahmen erforderlich. Diese Schlussfolgerungen waren jedoch unrichtig – wie sich im vorliegenden Verfahren herausstellte. Zur Sicherung der Baugrubenwände wäre aufgrund der Gegebenheiten eine Spritzbetonierung der Aushubwand erforderlich gewesen. Dass der angetroffene Baugrund nicht mit dem im Gutachten beschriebenen Baugrund übereinstimmt, wäre auch für einen geotechnisch ungebildeten Unternehmer erkennbar gewesen. Die Bekl wiesen die Kl jedoch zu keinem Zeitpunkt darauf hin, dass die Baugrube abzusichern sei.
In der Folge kam es zu einer Hangrutschung. Die Kl begehren nun 224.131,23 € sA und die Feststellung der Haftung der Bekl in Bezug auf künftige Schäden.
Entscheidung
Insgesamt gelangte der OGH zum Ergebnis, dass im Anlassfall die Voraussetzungen für die Schadenshaftung des Zweitbeklagten aus einer Schutzgesetzverletzung gegeben sind. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer ist er für die Überschreitung der gewerberechtlichen Befugnis verantwortlich und haftet den Kl dafür persönlich. Dies bewirkt eine solidarische Haftung gemeinsam mit der Erstbeklagten.
Literaturmeinungen und gerichtlichen Entscheidungen, die diesem Ergebnis entgegenstehen, lehnt der OGH ausdrücklich ab.
Neben der schuldhaften Warnpflichtverletzung der Erstbeklagten bejahte der OGH aber auch die Übernahme einer qualifizierten Mitwirkungspflicht durch die Kl, weil verabredet war, dass der Werkunternehmer seine Leistungen an die Vorgaben im baugeologischen Gutachten anzupassen hat, das von den Kl eingeholt und dem Werkunternehmer zur Verfügung gestellt worden war. Die Unrichtigkeit des baugeologischen Gutachtens ist daher den Kl zuzurechnen; sie haben für die von ihrem Gehilfen verschuldete Fehlerhaftigkeit ihrer Anweisung als Mitverschulden einzustehen.
Dem Mitverschulden der Kl misst der OGH jedoch im Verhältnis zur Warnpflichtverletzung durch die Bekl geringere Bedeutung zu, weil die Bekl als Werkunternehmerin einen rechtlichen Erfolg schuldet und die Hauptlast am Misslingen des Werkes trägt. Die Abwägung führte hier zu einer Bemessung im Verhältnis von 2:1 zu Lasten der Bekl.