News

Girokonto - Beweislast betr den eingeklagten Saldo

Bearbeiter: Barbara Tuma

ZPO § 226

ABGB § 1400

Klagt ein Bankkunde die Bank auf Auszahlung des Guthabens seines Girokontos, trifft ihn bei Fehlen eines anerkannten Kontosaldos die Behauptungs- und Beweislast dafür, wie sich der geltend gemachte Saldo errechnet. Gegenforderungen, die in diesem Saldo nicht berücksichtigt wurden, muss die bekl Bank geltend machen und beweisen.

Besteht für ein Girokonto ein Dauerabbuchungsauftrag, kommt es für die Ermittlung des Kontosaldos nicht auf das Vorhandensein des Dauerauftrags als solchen an, sondern auf dessen tatsächliche Durchführung durch die Bank, weil erst durch die Durchführung eine Verrechnungsposition geschaffen wird, die zur Verringerung des Saldos geeignet ist. Wurde ein Dauerabbuchungsauftrag nicht storniert, wird dies bei gewöhnlicher Geschäftsgebarung idR für ein Weiterlaufen der Abbuchungen sprechen. Wurde das Konto jedoch von der bekl Bank zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt einseitig geschlossen, sind keine Unterlage mehr vorhanden und lässt sich daher nicht feststellen, ob und wie lange Abbuchungen aufgrund des Dauerauftrags erfolgten, geht diese Negativfeststellung zu Lasten den bekl Bank. Für die Schließung eines Kontos sind nämlich auch andere Gründe denkbar als ein aufgebrauchtes Guthaben, weshalb aus der Kontoschließung auf faktischer Ebene nicht geschlossen werden kann, dass der Dauerabbuchungsauftrag so lange durchgeführt wurde, bis das Kontoguthaben aufgebraucht war.

OGH 20. 4. 2017, 9 Ob 9/17i

Sachverhalt

Als die Kl 1993 nach Deutschland übersiedelte, war ihr Girokonto bei bekl österr Bank „praktisch auf Null gestellt“. Sie gab der Bekl ihre neue Adresse in Deutschland bekannt, löste das Konto aber nie auf. Den letzten Kontoauszug erhielt sie, als sie noch in Österreich war.

Von 1993 bis 1998 wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag sowie bis 30. 6. 1997 Unterhaltsvorschüsse auf das Konto überwiesen, deren Höhe auch festgestellt werden konnte.

Die Kl hatte für das Konto auch zwei Daueraufträge eingerichtet, und zwar für Miete für die Wohnung ihrer Mutter und für eine Selbstversicherung der Kl. In beiden Fällen steht fest, wie lange das Mietverhältnis bzw die Selbstversicherung bestand; nicht festgestellt werden konnte jedoch, wie lange die Daueraufträge tatsächlich durchgeführt wurden.

Unstrittig wurde das Konto von der Bekl einseitig geschlossen. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, wann die Schließung erfolgte, weil zum Konto keinerlei Unterlagen mehr verfügbar waren.

Nach ihrer Rückkehr nach Österreich begehrte die Kl mit Mahnklage vom 11. 9. 2015 von der Bekl die Zahlung von 9.018,71 € sA, die sie als Guthaben aus den Kontoaus- und -eingängen errechnete. Dem hielt die Bekl entgegen, dass die beiden Daueraufträge wohl so lange durchgeführt worden seien, bis am Konto kein Guthaben mehr bestanden habe, was spätestens Ende 2002 der Fall gewesen sein müsste.

Das ErstG gab der Klage statt, während das BerufungsG das Klagebegehren abwies: Es ging davon aus, dass die Negativfeststellungen betr die Durchführung der Daueraufträge zu Lasten der Kl gingen.

Der OGH habe der Revision der Kl Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Hinweis: Zur Beweislast bei Fehlen eines anerkannten Saldos vgl va RIS-Justiz RS0037955 (zuletzt 4 Ob 197/15x, ZFR 2016/224).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23599 vom 22.05.2017