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Haftung des Gewerbeberechtigten wegen Endbefundung für Pfuscher

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: § 1295 Abs 1, § 1299, § 1311

Baurechtliche Vorschriften zum Mindestabstand zwischen einem Rauchkanal (Poterie) und einem Holzbauteil dienen generell dem Brandschutz. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht auch dann, wenn ein Brand nicht durch die Hitzeausstrahlung der Poterie auf den zu nahen Holzbauteil, sondern dadurch verursacht worden ist, dass der Holzbauteil wegen des zu geringen Abstands durch die Schneelast auf dem Gebäude gegen die Poterie gedrückt wurde und heißen Rauchgasen, die durch die so entstandenen Risse aus der Poterie austraten, ausgesetzt war.

Auch ein Pfuscher, der ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung Öfen setzt, haftet iSd § 1299 ABGB nach dem Sorgfaltsmaßstab eines Sachverständigen.

Bei Fertigstellung des Ofens hat der Hafner einen Endbefund auszustellen, der die Betriebssicherheit und die Einhaltung des Standes der Technik bestätigt. Diese Verpflichtung hat den Zweck, die Güter jener Personen, die durch Mängel betroffen sein können, zu schützen. Ein Hafnermeister, der die Ausstellung des Endbefundes für einen Pfuscher übernimmt, haftet auf deliktischer Grundlage für Schäden, die durch die nicht ordnungsgemäße Ausführung entstehen, sofern der Kunde nicht auf die Endbefundung durch einen Gewerbeberechtigten verzichtet hat.

OGH 29. 8. 2019, 6 Ob 39/19g

Sachverhalt

Der Erstbeklagte ist als selbstständiger Ofensetzer tätig, obwohl er keine Gewerbeberechtigung hat. Er arbeitet ständig mit der Zweitbeklagten – einem befugten Hafnerunternehmen – zusammen, welche die Ausstellung der Endbefunde und die Abrechnung der Arbeitsleistungen des Erstbeklagten übernimmt, sich aber nicht an den Arbeiten beteiligt. Selbst rechnet der Erstbeklagte gegenüber seinen Kunden nur den Materialeinsatz ab.

Der Erstbeklagte errichtete im Auftrag eines Kunden in dessen Almhütte zwei Kachelöfen und einen Rauchgasverbindungskanal (Poterie). Die Zweitbeklagte stellte einen Endbefund aus, obwohl sie das fertiggestellte Werk nicht kontrolliert hatte. Von der fehlenden Gewerbeberechtigung des Erstbeklagten und der Rolle der Zweitbeklagten erfuhr der Kunde erst nach Abschluss der Arbeiten, wobei er keine Einwände hatte. Erst durch den Endbefund erhielt der Kunde die Information, dass der Betrieb der Öfen eine Prüfung durch den Rauchfangkehrer voraussetzt. Da bis zu diesem Zeitpunkt der Erstbeklagte und er selbst die Öfen schon mehrmals beheizt hatten, schob er diese Prüfung auf und verwendete die Öfen weiterhin gelegentlich. Dabei kam es zu einem Vollbrand der Almhütte.

Ursächlich für den Brand war, dass der Erstbeklagte zwischen der brandhemmend ausgeführten Poterie und den oberhalb befindlichen Holzbauteilen der Hüttenwand lediglich einen Abstand von 5 cm eingehalten hatte. Die damals geltenden Bauvorschriften (§ 29 Abs 1 Sbg BauTG 1976) schrieben einen Mindestabstand von 15 cm vor. Die Schneelast auf der Almhütte führte dazu, dass sich die Holzbauteile so weit absenkten, dass sie auf die Poterie drückten und darin Risse verursachten. Durch diese Risse traten heiße Rauchgase aus und wirkten auf das Holz ein, bis sich dieses nach mehreren Stunden entzündete.

Im vorliegenden Verfahren begehrte der Versicherer des Kunden (als Legalzessionar nach § 67 VersVG) von den Beklagten Schadenersatz.

Entscheidung

Das Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die vom Erstbeklagten nicht eingehaltene Bauvorschrift habe nur den Zweck, Brände durch Hitzeeinwirkung auf zu nahe Holzbauteile zu vermeiden. Da der Brand hier durch mechanischen Kontakt infolge Absenkens der Holzbauteile entstanden sei, falle er nicht in den Schutzzweck der Norm.

Der OGH stellte die stattgebende Entscheidung des Erstgerichts wieder her. Der Zweck der verletzten Norm liege generell im Brandschutz, weshalb der Brand vom Rechtswidrigkeitszusammenhang erfasst sei. Die Zweitbeklagte hafte aufgrund der ständigen Zusammenarbeit und insb der Ausstellung des falschen Endbefundes auf deliktischer Grundlage solidarisch für den entstandenen Schaden. Mit einem Scheinbauführer, der vom Bauherrn nach der Rsp nicht für Verstöße gegen Bauvorschriften belangt werden kann (zB 2 Ob 277/08m), sei sie nicht vergleichbar, weil dem Kunden die Umstände nicht von vornherein bekannt waren und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auch die Endbefundung durch einen befugten Hafnermeister von ihm als bloße Pro-forma-Leistung angesehen wurde. Die Verwendung der Öfen trotz der noch fehlenden Prüfung durch einen Rauchfangkehrer begründe zumindest kein ins Gewicht fallendes Mitverschulden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28129 vom 22.10.2019