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Kein Rücktrittsrecht nach Vertragsabschluss an Messestand

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

FAGG: § 3 Z 3, § 11 Abs 1

ABGB: § 879 Abs 3, §§ 909, 1168 Abs 1

1. Gem § 11 Abs 1 FAGG kann der Konsument von einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen zurücktreten. Als Geschäftsräume gelten gem § 3 Z 3 FAGG auch bewegliche Gewerberäume, sofern der Unternehmer seine Tätigkeit dort „für gewöhnlich“ ausübt. Dabei kommt es nicht auf den zeitlichen Aspekt, sondern darauf an, ob die Geschäftstätigkeit am konkreten Ort aus Konsumentensicht gewöhnlich oder ungewöhnlich erscheint (also darauf, ob der Verbraucher an diesem Ort mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen musste oder eine Überrumpelungssituation vorliegt).

Bei einem Messestand auf einer Verkaufsmesse handelt es sich unabhängig davon, in welchen Zeitabständen die Messe stattfindet bzw der Unternehmer dort auftritt, um einen Geschäftsraum iSd § 3 Z 3 FAGG. Im Fall eines am Messestand abgeschlossenen Vertrags besteht daher kein Rücktrittsrecht nach dem FAGG.

2. Eine pauschale Stornogebühr bei unbegründetem Vertragsrücktritt des Verbrauchers iHv 20 % des Entgelts (hier: Bestellung einer Einbauküche um ca 10.000 €) stellt eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB dar. Aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion auch im Individualverfahren fällt dieser Vertragspunkt ersatzlos weg.

Wenn der Konsument unberechtigt vom Vertrag über eine Einbauküche zurücktritt, kann der Unternehmer das iSd § 1168 Abs 1 ABGB um die Aufwandersparnis verminderte Entgelt verlangen.

OGH 26. 1. 2017, 3 Ob 237/16y

Anmerkung

In Bezug auf die Qualifikation von Messeständen auf Verkaufsmessen als Geschäftsräume folgt der OGH der Auffassung von Dehn (in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar4 Va § 3 FAGG Rz 18 f).

Zur gröblichen Benachteiligung durch eine Stornogebühr iHv 20 % siehe schon 4 Ob 229/13z = Zak 2014/243, 134.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23271 vom 15.03.2017