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Kreditfinanzierung: Ausreichende Aufklärung eines Anwalts?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295, § 1299

In Zusammenhang mit einer Kreditvergabe an Verbraucher treffen die Bank grundsätzlich vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten, deren Umfang nach herrschender Auffassung von der Art des jeweiligen Rechtsgeschäfts abhängt; maßgebend ist, ob für die Bank erkennbar ist, dass der Kunde Aufklärung und Beratung braucht. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratung ergibt sich dabei jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit vom Kunden, insb von dessen Professionalität, sowie vom betreffenden Finanzprodukt. Die Informationserteilung hat dem Gebot vollständiger, richtiger und rechtzeitiger Beratung zu genügen, durch die der Kunde in den Stand versetzt werden muss, die Auswirkungen seiner Entscheidung zu erkennen. Sie hat auch in einer für den Kunden verständlichen Form zu erfolgen, wobei auf dessen persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen (hier: ausreichende Aufklärung eines Rechtsanwalts mit mehrjähriger Berufserfahrung über die geplante Kreditfinanzierung im Zuge seines Hausbaus).

OGH 16. 12. 2015, 3 Ob 187/15v

Entscheidung

Im vorliegenden Fall machte die kl Bank gegen den Anwalt die noch offene Kreditforderung geltend. Strittig war vor dem OGH insb, ob der Bank eine Verletzung ihrer Aufklärungspflicht gegenüber dem Kreditnehmer vorzuwerfen ist. Dies wurde vom OGH verneint:

-Dass zwar über das Währungsrisiko des Schweizer-Franken-Kredits gesprochen wurde, nicht aber über das Zinsänderungsrisiko, das mit der vereinbarten Zinsanpassungsklausel einhergeht, schadet nach Ansicht des OGH nicht, weil sich der variable Zinssatz eindeutig aus den schriftlich festgehaltenen Kreditkonditionen ergibt.
-Dass die in Aussicht gestellte und in Beispielsrechnungen angeführte zukünftige Gewinnbeteiligung bei einer Lebensversicherung eine Unsicherheit in Bezug auf die Gewinnerwartung beinhaltet (Tilgungsträgerrisiko), muss - so der OGH - „für einen Rechtsanwalt wohl selbstverständlich sein“.
-Es entspreche auch „dem wirtschaftlichen Grundverständnis, das einem Juristen im Allgemeinen und einem Rechtsanwalt im Besonderen auch zuzumessen ist“, dass sich aus der Kombination eines Kredits und eines Tilgungsträgers die bei beiden Finanzprodukten jeweils vorhandenen Risken kombinieren und damit erhöhen können.
-Dass schließlich die Kostenbelastung eines endfälligen Kredits infolge der über die gesamte Laufzeit notwendigen Verzinsung des gesamten, weil ja endfälligen Kapitals erforderlich ist, hingegen bei der ratenweisen Kapitaltilgung zunehmend weniger aushaftendes Kapital zu verzinsen ist, ergebe sich ebenso naheliegend aus dieser Konstruktion. Auch ein solches Wirtschaftsverständnis sei einem Rechtsanwalt von vornherein zu unterstellen.

Hinweis:

Vgl auch OGH 17. 9. 2015, 3 Ob 142/15a, LN Rechtsnews 20784 vom 17. 12. 2015 (Anlegerschaden eines „Wirtschaftsanwalts“).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21242 vom 07.03.2016