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Kreditvertrag: Vorzeitige Beendigung wegen Tod des Kreditnehmers?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB § 987

Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Beendigung des Kreditvertrages ist gegeben, wenn aufgrund einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des Kreditnehmers die Kreditrückzahlung tatsächlich gefährdet ist.

Eine solche tatsächliche Geährdung liegt hier weder aufgrund des Ablebens des Kreditnehmers noch wegen potenzieller Wertschwankungen des als Sicherheit gegebenen Goldes vor. Mangels Kündigungsgrund ist die Kündigung daher unwirksam.

OGH 24. 6. 2016, 9 Ob 35/16m

Sachverhalt

Der Kreditnehmer hatte mit der Bekl einen Kreditvertrag über eine Valuta von 68.000 € abgeschlossen und die Kreditraten bis zu seinem Tod regelmäßig bedient. Zur Besicherung der Kreditforderung hatte er der Bekl mittels Sicherungsübereigungsvertrag eine bestimmte Anzahl an Goldmünzen und Nuggets übertragen.

Kurz nach dem Tod des Kreditnehmers löste die Bekl das Kreditverhältnis bei einem Kreditsaldo zum Todestag von 58.531,72 € auf und verwertete am selben Tag die Sicherheiten zu einem Erlös von 62.244 €. Weder die Verlassenschaft noch die Kinder als Erben des Verstorbenen waren zuvor verständigt worden.

Die Verlassenschaft begehrte als Kl die den aufrechten Bestand der Kreditvereinbarung und des Sicherungsübereignungsvertrags festzustellen und die Bekl zur Wiederbeschaffung und Haltung des Sicherungseigentums zu verpflichten. Es hätten keine Umstände vorgelegen, die die Auflösung des Kreditvertrags gerechtfertigt hätten, insb auch kein Zahlungsverzug. Von der Fälligkeit der besicherten Forderung sei sie nicht verständigt worden und die Verwertung des Sicherungsguts sei nicht angedroht worden. Die Vertragsauflösungen seien rechtswidrig und gegenüber der Kl nichtig.

In allen drei Instanzen wurde dem Klagebegehren stattgegeben.

Entscheidung

Eine tatsächliche Gefährdung der Erfüllung der Kreditverbindlichkeiten wird nach Ansicht des OGH auch in der Revision nicht aufgezeigt:

Das Argument der Bekl, dass mit dem Ableben des Kreditnehmers seine persönliche Haftung weggefallen und sie nur auf die bestellte Sicherheit beschränkt gewesen sei, verkennt das Wesen der Rechtsnachfolge. Eine Feststellung, ob und welche Aktiva der Nachlass nach dem Kreditnehmer aufweist, hält der OGH für nicht entscheidungsrelevant; aus einer solchen Feststellung ginge auch nicht hervor, dass die Kl zur Leistung der monatlichen Kreditraten nicht imstande gewesen wäre.

Die Bekl konnte sich hier auch nicht auf erhebliche Wertschwankungen des Goldes berufen; dass im Verwertungszeitpunkt eine konkrete Gefährdungslage gegeben war, die bei sonstigem Wertverlust der Sicherheit einer vertragskonformen Verständigung der Kl entgegengestanden wäre, hat sie nicht einmal behauptet. Das deutlich über dem aushaftenden Kreditsaldo liegende Verwertungsergebnis zeugt vielmehr vom Gegenteil.

Den Einwand, der Kl sei aus der Vorgangsweise der Bekl kein Nachteil entstanden, verwarf der OGH als unrichtig, weil die Kl bei Erfüllung ihrer Kreditpflichten infolge der schuldrechtlichen Innenbindung des Sicherungsübereignungsvertrags Anspruch auf Rückstellung der Goldmünzen und Nuggets zum dann geltenden Wert hat. Da monatliche Ratenzahlungen der sofortigen Zahlung eines Gesamtbetrags nicht gleichgehalten werden können, zog auch das Argument nicht, dass sich die Kl die Kreditrückzahlung erspare und jederzeit selbst das Gold anschaffen könne.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22010 vom 20.07.2016