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Medieninhaltsdelikt: Urteilsveröffentlichung bzw Einziehung nach Verjährung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MedienG: § 33, § 34

StGB: § 57

Der Telos des Mediengesetzes spricht dafür, dass die Urteilsveröffentlichung im selbstständigen Verfahren (§ 34 Abs 3 MedienG) nach dem Eintritt der Verjährung der Strafbarkeit der zugrunde liegenden Tat (hier: Üble Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB) nicht zulässig ist.

Gegenteiliges gilt für die Einziehung in einem selbstständigen Verfahren (§ 33 Abs 2 MedienG; zB Löschung eines Videos). Bei der – nicht restitutiven – Einziehung überwiegt der vorbeugende bzw sichernde Charakter. Sie verfolgt das Ziel, der Fortwirkung eines einmal begangenen Medieninhaltsdelikts entgegenzutreten und damit die Gefahren einzugrenzen, die mit einer strafgesetzwidrigen Veröffentlichung verbunden sind und sich keineswegs auf die Beeinträchtigung der Ehre von Einzelpersonen beschränken müssen.

Auch wenn also gem § 57 Abs 4 StGB mit dem Eintritt der Verjährung auch der Verfall und vorbeugende Maßnahmen unzulässig werden, ist in Ansehung der Zulässigkeit von selbständigen Verfahren zur Einziehung (§ 33 Abs 2 MedienG) und Urteilsveröffentlichung (§ 34 Abs 3 MedienG) mit Blick auf ihre teils grundlegend unterschiedlichen gesetzlichen Regelungszwecke eine Differenzierung sachgerecht und die Geltung des § 57 Abs 4 StGB in Bezug auf die Spezialnorm des § 33 Abs 2 MedienG (Einziehung) auszuschließen.

OGH 27. 2. 2019, 15 Os 159/18y

Entscheidung

Gegen eine Differenzierung zwischen Einziehung und Urteilsveröffentlichung im selbstständigen Verfahren könnte zwar eingewendet werden, dass § 33 Abs 2 erster Satz und § 34 Abs 3 erster Satz MedienG im Wesentlichen wortident sind; beide sehen die jeweilige Maßnahme im selbstständigen Verfahren vor, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt worden ist und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar ist, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen nicht möglich ist, die eine Bestrafung ausschließen.

Beschränkt man sich aber nicht bloß auf eine Wortlautinterpretation des Gesetzes, sondern bezieht man die teils grundlegend voneinander unterschiedlichen gesetzlichen Regelungszwecke in die Überlegungen mit ein (vgl auch die einander entsprechenden Regelungszwecke von Urteilsveröffentlichung und Gegendarstellung), so ergibt sich, dass § 34 Abs 3 erster Satz MedienG (Urteilsveröffentlichung) – iS einer teleologischen Reduktion – die Fälle eines Strafbarkeitsausschlusses wegen Strafbarkeitsverjährung der Tat nicht umfasst.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27045 vom 27.03.2019