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Prospektangaben bei Immobilienveranlagung – Haftung des Prospektkontrollors?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KMG: § 11, § 14

Die bekl Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat dem Emissionsprospekt einer deutschen GmbH & Co KG („Emittentin“) den hier strittigen Kontrollvermerk gem § 7 KMG am 28. 12. 2010 erteilt (nachfolgende Zitate des KMG beziehen sich jeweils auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung). Gem § 11 KMG haftet der Prospektkontrollor nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts, sondern nur für dessen unrichtige oder unvollständige Kontrolle. § 11 Abs 1 Z 2a KMG beschränkt die Haftung des Kontrollors von Prospekten für Veranlagungen auf eigenes grobes Verschulden oder grobes Verschulden seiner Leute oder sonstiger Personen, deren Tätigkeit zur Prospektkontrolle herangezogen wurde. Grobe Fahrlässigkeit ist bei schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzungen bzw bei außergewöhnlicher und auffallender Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht gegeben. Die Beurteilung des Verschuldensgrades hat jeweils aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

Für „Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien“ fordert § 14 KMG ua zusätzliche Prospektangaben nach Schema D. Solche Veranlagungsgemeinschaften liegen nach dieser Bestimmung vor, wenn Veranlagungen von Emittenten ausgegeben werden, die mit dem investierten Kapital direkt oder indirekt nach Zweck oder tatsächlicher Übung überwiegend Erträge aus der Überlassung oder Übertragung von Immobilien an Dritte erwirtschaften. Wann eine „indirekte“ Erwirtschaftung solcher Erträge erfolgt, ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien.

Der Emissionsprospekt bezog sich im vorliegenden Fall auf ein öffentliches Angebot (in Österreich) zur Zeichnung von Kommanditbeteiligungen an der (deutschen) Emittentin (die von einer deutschen GmbH treuhändig gehalten wurden). Geschäftszweck der Emittentin war die Vergabe eines Darlehens in mehreren Tranchen gegen einen Fix- sowie „Bonuszins“ an eine deutsche Aktiengesellschaft („Darlehensnehmerin“), die damit (insbesondere) Immobiliengeschäfte finanzieren sollte. Über das Vermögen der Emittentin wurde 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der OGH sieht keine aufzugreifende Fehlbeurteilung darin, dass es das BerufungsG als zumindest nicht grob unvertretbar ansah, dass die Bekl mangels klaren Gesetzeswortlauts und Rsp und nach Rechtsauskunft eines Rechtsanwalts (dass „es dazu nichts gebe“) nach ausführlichen Erwägungen von keiner Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien iSd § 14 KMG ausging und Prospektangaben gem Schema D KMG für nicht erforderlich hielt.

OGH 25. 1. 2022, 1 Ob 188/21k

Hinweis:

Der Inhalt des Prospekts ist nunmehr in § 5 KMG 2019 geregelt (früher: § 7 KMG), die Prospekthaftung in § 22 KMG 2019 (früher: § 11 KMG) und die Sonderbestimmungen für Veranlagungen in Immobilien in § 9 KMG 2019 (früher: § 14 KMG).

Entscheidung

Keine (grob) unvertretbare Auslegung von § 14 KMG

Wann eine „indirekteErwirtschaftung von Erträgen aus der Überlassung oder Übertragung von Immobilien an Dritte erfolgt, ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien (vgl ErläutRV 147 BlgNR 18. GP 21), wo bloß von „unterschiedlichsten gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen“ bei der Veranlagung in Immobilien die Rede ist, nicht hingegen von Darlehen zur Immobilienfinanzierung. Zum Begriff der „indirekten Investition“ in § 1 Abs 1 Z 3 KMG erwähnen die Gesetzesmaterialien lediglich „Treuhandkonstruktionen“. Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des § 14 KMG bestand zum Zeitpunkt der Prospektprüfung nicht. Entgegen der Behauptung der Revisionswerber ergibt sich auch aus der – zum Prüfungszeitpunkt gar nicht existenten – Lit-Stelle (Oberndorfer, Die Prospektpflicht nach dem KMG [2014] 72 f [wohl gemeint: 136 f]) keine klare Abgrenzung des Begriffs der „Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien“. Auch einschlägige „Fachgutachten“ der Berufsvereinigungen (der Wirtschaftsprüfer) bestanden nicht.

Die Bekl holte daher zur Frage des Anwendungsbereichs des § 14 KMG die Rechtsauskunft eines Rechtsanwalts ein (mit dem Ergebnis, dass „es dazu nichts gebe“) und wog die Argumente für und gegen deren Anwendung ab. Für das Vorliegen einer Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien sprach ihrer Ansicht nach nur das vom Immobiliengeschäft abhängige Bonitätsrisiko der Emittentin. Dagegen sprach, dass die Erträge der Darlehensnehmerin neben dem Immobiliengeschäft auch aus „Forderungserwerben“ stammten. Weiters sprachen dagegen die überwiegend fixe Darlehensverzinsung, die fehlende Einflussmöglichkeit der Emittentin auf die Investitionen der Darlehensnehmerin, das Fehlen eines „Rechnungskreises betreffend Erträge aus Immobilien“, die Gläubigerstellung der Emittentin (also die Stellung als Fremdkapitalgeberin) sowie das Fehlen der Möglichkeit eines gesellschaftsrechtlichen „Durchgriffs“ auf die Darlehensnehmerin mangels unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung an dieser. Die Bekl gelangte aufgrund dieser Abwägung zum Ergebnis, dass § 14 KMG auf die vorliegende Veranlagung nicht anzuwenden sei.

Sie ging auch davon aus, dass die zusätzlichen Prospektangaben gem Schema D bei den Anlegern den unrichtigen Eindruck erweckt hätten, sie würden tatsächlich in Immobilien investieren (während die Stellung der Emittentin bloß die einer Darlehensgeberin war). Gegen eine Aufnahme der dort vorgesehenen Informationen in den Prospekt sprach nach Ansicht der Bekl auch, dass aufgrund des „Blind-Pool-Konzepts“ der Veranlagungsstrategie der Darlehensnehmerin (die zu erwerbenden Immobilien waren bei Erstellung und Prüfung des Prospekts großteils noch nicht bekannt) zu wesentlichen Punkten dieses Schemas (betreffend die künftig zu erwerbenden Immobilien) keine Angaben gemacht werden hätten können.

Im Prospekt wurde mehrmals dargelegt, dass der Anlagezweck darin liege, mit den Geldern der Anleger der genannten Aktiengesellschaft ein Darlehen zu gewähren, wobei die Fondsgesellschaft auf deren Investitionen keinen Einfluss habe. Die AG werde die Darlehensgelder an Tochtergesellschaften zur „mittelbaren Investition zB in Immobilien“ weiterleiten. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass es zum Totalverlust der Einlage kommen kann, wobei die verschiedenen Risiken näher erläutert wurden. Das Beteiligungsangebot richte sich an „renditeorientierte“ Anleger und habe spekulativen Charakter.

Keine Haftung nach allgemeinem Zivilrecht

Die Kl stützen ihre Ersatzansprüche – neben § 11 Abs 1 Z 2a KMG – auch auf eine Haftung der Bekl nach allgemeinem Zivilrecht, die bereits bei leichter Fahrlässigkeit besteht. Sie führen dazu die E zu 10 Ob 69/11m (= RdW 2012/494) ins Treffen, wonach die Haftung des Prospektkontrollors neben § 11 KMG auch auf das allgemeine Zivilrecht („culpa in contrahendo“) gestützt werden könne. Diese Ansicht wurde vom OGH jedoch in der Folge eingeschränkt (10 Ob 88/11f = RdW 2012/679, und 1 Ob 71/14v = ÖBA 2016/2241 [zustimmend Riss] = RdW 2015/602) und klargestellt, dass die Beschränkung der Haftung des Prospektkontrollors nach § 11 Abs 1 Z 2a KMG auf grobes Verschulden sinnlos wäre, wenn in Konkurrenz dazu stets ein Schadenersatzanspruch des Anlegers nach den Grundsätzen der Haftung für „culpa in contrahendo“ auch bei leichtem Verschulden bestünde.

Mit ihrer unzutreffenden Behauptung, die zu 1 Ob 71/14v vertretene Rechtsansicht wäre dort bloß „obiter“ geäußert worden, zeigen die Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, zumal sie sich mit deren überzeugender Begründung nicht auseinandersetzen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32335 vom 04.04.2022