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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Durch eine Restschuldbefreiung im Abschöpfungsverfahren werden die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Bürgen oder Mitschuldner des (Haupt-)Schuldners nicht berührt und der Schuldner wird gegenüber den Bürgen (Mitschuldnern) in gleicher Weise befreit wie gegenüber den Insolvenzgläubigern. Für den Fall, dass der Kreditgeber nach dem Abschöpfungsverfahren betr den (Haupt-)Schuldner den Bürgen bzw Mitschuldner hinsichtlich der noch offenen Kreditsumme in Anspruch nimmt, muss und kann der Bürge (Mitschuldner) daher seinen etwaigen Rückgriffsanspruch gegen den (Haupt-)Schuldner in dessen Schuldenregulierungsverfahren (bedingt) anmelden.
OGH 21. 12. 2017, 4 Ob 235/17p
Sachverhalt
Die Ehe der Streitteile wurde 2003 gem § 55a EheG geschieden. Im Scheidungsvergleich verpflichtete sich die Bekl, einen Bankkredit alleine zurückzuzahlen und den Kl diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Über das Vermögen der Bekl wurde 2004 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die kreditgebende Bank meldete ihre Forderung mit 13.620,70 € an. Der Kl wusste vom Schuldenregulierungsverfahren, meldete aber keine Forderungen an. 2005 wurde das Schuldenregulierungsverfahren nach der rechtskräftigen Einleitung des Abschöpfungsverfahrens aufgehoben. 2012 erklärte das Insolvenzgericht das Abschöpfungsverfahren für beendet und erteilte der Bekl die Restschuldbefreiung.
2014 wurde der Kl zur Zahlung von 16.499,50 € samt Zinsen und Kosten an die kreditgebende Bank verurteilt.
Der Kl begehrt von der Bekl nun Zahlung von 23.168,14 € sA (offene Kreditsumme samt Verfahrenskosten). Diese Forderung sei erst durch das Urteil 2014 entstanden, weil er in diesem Zeitpunkt in Anspruch genommen worden sei. Diese Regressforderung sei von der Restschuldbefreiung nicht umfasst.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab: Die Restschuldbefreiung im Abschöpfungsverfahren nach § 214 IO wirke unabhängig von einer allfälligen Forderungsanmeldung gegenüber allen Insolvenzgläubigern. Bei der Forderung des Kl handle es sich nicht um eine nachträglich hervorgekommene Forderung. Der Kl hätte seine künftigen Regressansprüche aus der allfälligen Inanspruchnahme seiner Haftung als bedingte Forderung im Schuldenregulierungsverfahren der Bekl anmelden müssen. Ein Fall des § 215 Z 2 IO liege nicht vor.
Das BerufungsG erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil der Kl aus der E 8 Ob 47/04a, ZIK 2005/19 ableite, dass er gegen die Bekl zumindest einen Rückgriffsanspruch auf die für die Restschuldbefreiung notwendige Quote von 10 % habe.
Der OGH wies die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.
Entscheidung
Möglicher Rückgriffsanspruch – bedingte Anmeldung
Der OGH hat bereits in einer vergleichbaren Konstellation klargestellt, dass der insolvenzrechtliche Bedingungsbegriff weit zu verstehen ist und auch den potentiellen Regressanspruch des Kl erfasst, der insoweit bereits mit Eingehen der Mithaftungsverpflichtung bzw der Scheidungsfolgenvereinbarung entstanden ist (8 Ob 47/04a, ZIK 2005/19; vgl RIS-Justiz RS0051527 [T2]; 10 Ob 23/03k mwN, ZIK 2004/214; 3 Ob 143/08p, ZIK 2009/40 = RdW 2009/167). Nach gesicherter Rsp kann ein Bürge oder Mitschuldner seinen Rückgriffsanspruch auch dann (bedingt) anmelden, wenn der Hauptgläubiger seine Forderung geltend macht (5 Ob 309/87; 8 Ob 1013/94; 8 Ob 47/04a mwN, ZIK 2005/19). Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 214 Abs 2 IO werden zum einen die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Bürgen oder Mitschuldner des Schuldners sowie gegen Rückgriffsverpflichtete durch eine im Abschöpfungsverfahren erfolgte Restschuldbefreiung nicht berührt. Zum anderen wird der Schuldner gegenüber den Bürgen und anderen Rückgriffsberechtigten in gleicher Weise befreit wie gegenüber den Insolvenzgläubigern. Diese Befreiung wird in § 214 Abs 1 IO normiert: Demnach wirkt die Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger und auch für jene Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Der in Anspruch genommene Ausfallsbürge kann nicht gegenüber der restschuldbefreiten Hauptschuldnerin Rückgriff nehmen (RIS-Justiz RS0118321).
Kein Widerspruch zur E 8 Ob 47/04a
Der OGH verneint auch einen Widerspruch zur E 8 Ob 47/04a, ZIK 2005/19, aus der der Kl ableiten will, dass ihm zumindest 10 % seiner Forderung zugesprochen hätten werden müssen. In dieser E ging es um den Umfang einer Restschuldbefreiung nach der Bestätigung eines Zwangsausgleichs (nunmehr: Sanierungsplan) und nicht – wie hier – um eine Restschuldbefreiung nach einem Abschöpfungsverfahren.
Die beschlussmäßige Beendigung des Abschöpfungsverfahrens samt Ausspruch über die Restschuldbefreiung nach § 213 IO (wie hier) kann aber mit der Restschuldbefreiung nach § 156 IO bei gerichtlicher Bestätigung des Zwangsausgleichs (Sanierungsplans) nicht verglichen werden: Dem Ausspruch über die Restschuldbefreiung nach § 213 IO liegt nämlich zugrunde, dass der Schuldner die dafür erforderlichen Zahlungen im Insolvenz- und Abschöpfungsverfahren bereits geleistet hat. Hingegen erfolgt die Restschuldbefreiung beim Zwangsausgleich (Sanierungsplan) quasi vorweg durch dessen rechtskräftige Bestätigung (§ 156 IO) und der Nachlass wird hinfällig, wenn der Schuldner den nicht restschuldbefreiten Teil der Forderungen (die sog Quote) an die Insolvenzgläubiger nicht leistet (vgl § 156a IO).
Auch der Hinweis auf § 215 Z 2 IO kann nach Auffassung des OGH die Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht begründen, weil dem Schuldner die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens bekannt war und er dennoch keine Forderung angemeldet hat, obwohl ihm das rechtlich möglich war (siehe oben). Das Rechtsmittel führt nicht im Ansatz aus, warum es sich hier um eine Verbindlichkeit handeln soll „die nur aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt geblieben ist.“