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Rückkehrentscheidung gegen Lehrling: Ausreisefrist (1)

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AsylG: 2005: § 2

FPG: § 55a

§ 55a Abs 1 FPG regelt die „Hemmung“ der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Berufsausbildung und erfasst nach seinem Wortlaut nur „Asylwerber“ (die als Lehrlinge beschäftigt sind). Der Gesetzgeber hat in den Erläuterungen zweifelsfrei zu erkennen gegeben, mit dem Begriff „Asylwerber“ in § 55a FPG an das Verständnis nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 anknüpfen zu wollen; danach ist „Asylwerber“ ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens. Einen Antrag auf internationalen Schutz definiert § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 als das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Im vorliegenden Fall war der Antrag des Betroffenen auf die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gerichtet. Anlässlich dieses Antrags wurde von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet; bei diesem Verfahren handelt es sich somit nicht um ein solches über einen Antrag auf internationalen Schutz – und zwar ungeachtet dessen, dass der Revisionswerber in seinem Antrag behauptet hat, die Voraussetzungen für die Beibehaltung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen weiterhin vor. Ein (erneuter) Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ist in einem solchen Ansuchen nicht zu erblicken.

Beim Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und beim Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, auch wenn diese Verfahren unter einem entschieden werden können. Bei keinem dieser Verfahren handelt es sich jedoch um ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Revisionswerber war daher nicht als Asylwerber anzusehen, sodass er nicht die Voraussetzungen des § 55a Abs 1 FPG erfüllt.

VwGH 12. 2. 2021, Ra 2020/20/0415

Entscheidung

Auch eine Fristverlängerung nach § 55 Abs 2 und Abs 3 FPG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht: „Besondere Umstände“ iSv § 55 Abs 2 und Abs 3 FPG können nur solche sein, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse des Fremden iZm der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind. Auch wenn dabei - insb vor dem Hintergrund des Art 7 Abs 2 RückführungsRL - ein weites Verständnis anzulegen ist, ist zu beachten, dass es sich bei den Gründen, die eine Verlängerung der Ausreisefrist rechtfertigen können, schon definitionsgemäß um vorübergehende Umstände handeln muss; ihre Beseitigung oder ihr Wegfall muss absehbar sein (vgl VwGH 25. 11. 2020, Ra 2020/19/0251, mwN).

Dass der Grund, in Österreich die begonnene Lehre abschließen zu wollen, in irgendeiner Weise iZm der Vorbereitung und Organisation seiner freiwilligen Ausreise stehen könnte, ist nicht zu sehen. Dass fallbezogen aufgrund weiterer besonderer Umstände ausnahmsweise dennoch ein solcher Zusammenhang bestünde, hat der Revisionswerber nicht behauptet.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30913 vom 20.05.2021