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Schädigung durch Organ einer juristischen Person – Verjährung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1489

Wenn ein Organ einer juristischen Person einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt (hier iZm einem „Pensionsvorsorgemodell“ in Form eines Veranlagungs- bzw Finanzierungskonzepts mit einer Kombination von Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern), verjährt der Anspruch gegen die juristische Person erst in 30 Jahren. Wurde die schädigende Handlung vor Inkrafttreten des VbVG gesetzt, gilt dies jedenfalls dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung im Vermögen der juristischen Person eintrat.

Das Ergebnis, wonach die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auf juristische Personen auch vor dem Inkrafttreten des VbVG anzuwenden ist, überzeugt auch aus teleologischer Perspektive, liegt doch gerade (etwa) bei gewerbsmäßigem Betrug durch Organe einer juristischen Person der wirtschaftliche Ertrag aus der Betrugshandlung häufig nicht im Privatvermögen der Organe, sondern im Vermögen der juristischen Person selbst. Jedenfalls dann, wenn (wie hier) der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung eines Organs im Vermögen der juristischen Person eintritt oder eintreten sollte, ist es daher gerechtfertigt, die lange Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auch gegenüber der juristischen Person anzuwenden.

Inwieweit dies auch bei nicht das Vermögen betreffenden strafbaren Handlungen gilt, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Beurteilung.

OGH 6. 8. 2021, 6 Ob 92/21d

Anmerkung:

Betr die dreijährige Verjährungsfrist konnte hier für den Beginn der Verjährungsfrist auf gesicherte Rsp zurückgegriffen werden (Maßgeblichkeit der Kenntnis der Risikoträchtigkeit des gesamten Anlagemodells; vgl zB 3 Ob 82/18g, Rechtsnews 25677; bzw zuletzt 7 Ob 56/20s, Rechtsnews 29580).

Der Kl hat sich im vorliegenden Fall jedoch ausdrücklich auch auf die lange Verjährungsfrist des § 1489 ABGB berufen. Inwieweit diese in Fällen wie hier gegenüber juristischen Personen zur Anwendung kommt, war längere Zeit offen. Im März 2021 hat der erkennende Senat jedoch dazu ausführlich Stellung genommen und ausgeführt, dass jedenfalls seit Inkrafttreten des VbVG (innerhalb dessen Anwendungsbereichs; vgl § 1 VbVG) die lange Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB auch auf juristische Personen anwendbar sei (6 Ob 239/20w, RdW 2021/440).

Im vorliegenden Fall hat der Kl das Anlagemodell am 29. 12. 2005 gezeichnet, also noch vor Inkrafttreten des VbVG (mit 1. 1. 2006). Die dreißigjährige Verjährungsfrist beginnt unabhängig davon, wann der Schaden selbst eingetreten ist sowie ob und wann der Geschädigte davon Kenntnis erlangt hat (RS0034502; zuletzt 4 Ob 178/20k, Zak 2021/97); abgestellt wird vielmehr auf die schädigende Handlung, die hier unstrittg bereits vor Inkrafttreten des VbVG erfolgte.

Mit ausführlicher Begründung kommt der erkennende Senat nun auch in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auf juristische Personen ebenso vor dem Inkrafttreten des VbVG anzuwenden ist (jedenfalls dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung im Vermögen der juristischen Person eingetreten ist).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31582 vom 18.10.2021