News

Sonderklasse: Ärztehonorar nur für Leistungen des Arztes

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 917, § 1052

Tir KAG: § 41

Ein Honoraranspruch ergibt sich noch nicht allein aus der Aufnahme in die Sonderklasse, sondern erfordert gem § 41 Abs 5 Tir KAG den Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem honorarberechtigten Arzt und dem Pflegling. § 41 Abs 5 Tir KAG geht von einer vertraglichen Beziehung zwischen Arzt und Patienten aus, die einen Anspruch auf ein Honorar vermittelt, das nicht als „weiteres Entgelt“ iSd § 27 Abs 4 Z 1 KAKuG für die Unterbringung in der Sonderklasse zusteht, sondern für eine Leistung, die nicht bereits der Anstaltsträger schuldet.

Welchen (zusätzlichen) Leistungsumfang der Arzt aufgrund einer solchen Vereinbarung schuldet (persönliche Betreuung und/oder persönliche Behandlung), konnte hier dahingestellt bleiben, weil der klagende Arzt (Leiter der unfallchirurgischen Abteilung) bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung urlaubsbedingt abwesend war und keine Leistung erbrachte oder gar zu erbringen beabsichtigte, die nicht bereits der Anstaltsträger schuldete; er hat weder einzelne Behandlungsschritte selbst vorgenommen, noch hat er sich sonst um die konkrete Behandlung des Patienten gekümmert. Die Behandlung wurde vom diensthabenden Oberarzt aufgrund des Gesundheitszustands des Pfleglings ohne die geringste - selbst organisatorische - Beteiligung des klagenden Arztes durchgeführt. Auch wenn der Patient nicht ausdrücklich vom Vertrag zurückgetreten ist, scheitert der Entgeltanspruch des Arztes, der seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat und auch nicht mehr erfüllen wird, bereits an § 1052 Satz 1 ABGB.

OGH 2. 9. 2015, 7 Ob 51/15y

Sachverhalt

Der Bekl wurde nach einem Sportunfall in einer Krankenanstalt behandelt. Er unterfertigte Erklärungen, wonach er die Aufnahme in die Sonderklasse wünsche und sich „durch [die] freiwillige Aufnahme als Privatpatient in der Sonderklasse“ verpflichte, „das ärztliche Honorar, welches von Prim. Dr. .... als Leiter der unfallchirurgischen Abteilung in Rechnung gestellt wird, zu bezahlen.“

Der Kl (der genannte Primar) war urlaubsbedingt abwesend und erbrachte dem Bekl gegenüber keine Leistungen. Die Operation wurde vom diensthabenden Oberarzt durchgeführt. Letztlich stellte der Kl dem Bekl einen Betrag von 7.335,90 € als ärztliches Honorar für die Behandlung als Privatpatient in der Sonderklasse in Rechnung.

Anders als das ErstG wiesen das BerufungsG und der OGH das Begehren ab.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen erinnert der OGH zunächst daran, dass der VfGH in seiner jüngeren Rsp nun davon ausgeht, dass das Sondergebührenmodell des KAKuG daneben eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient zulässt (bejahend zuletzt VfGH 17. 3. 2007, G 119/06, LN Rechtsnews 2637 vom 2. 4. 2007).

Welche Zusatzleistungen durch eine solche Vereinbarung abgedeckt werden und welche Zusatzleistungen der Arzt selbst erbringen muss oder - bei mehr oder weniger untergeordneten Tätigkeiten - durch andere Personen erbringen lassen kann, wird in der Lehre unterschiedlich diskutiert. Ohne auf diese Fragen einzugehen, weist der OGH nach Darstellung der einschlägigen Literaturstimmen va darauf hin, dass es bei entgeltlichen Rechtsgeschäften wie dem vorliegenden auf den Austausch von Leistungen im Sinne einer synallagmatischen, konditionalen oder auch bloß kausalen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ankommt. Da der klagende Arzt im vorliegenden Fall bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung urlaubsbedingt abwesend war und keine Leistung erbrachte oder gar zu erbringen beabsichtigte, die nicht bereits der Anstaltsträger schuldete, scheiterte somit sein Honoraranspruch nach Ansicht des OGH schon an § 1052 Satz 1 ABGB.

Anmerkung:

Implizit erteilt der OGH damit offensichtlich dem gesamten System der Ärztehonorare in der Sonderklasse eine Absage. Wer sie vorschreiben darf und wie sie aufzuteilen sind, ist ja schon seit vielen Jahren strittig (vgl dazu zB den Hinweis auf die Änderung der VfGH-Rsp und die unterschiedlichen Literaturmeinungen oben; hinsichtlich der Aufteilung gilt laut OGH 25. 7. 2012, 9 ObA 79/11z, ARD 6262/6/2012, jedenfalls die 30-jährige Verjährungsfrist). Derzeit sieht das hier anwendbare Tir KAG jedenfalls vor, dass grds nur die Klinikvorstände, Leiter einer Abteilung uÄ und Konsiliarfachärzte „von den von ihnen betreuten Pfleglingen in der Sonderklasse ein mit diesen zu vereinbarendes Honorar“ verlangen dürfen („Honorarberechtigte“). Die anderen Ärzte des ärztlichen Dienstes und das mitwirkende akademische nichtärztliche Personal hingegen sind nur sog „Poolberechtigte“, denen „für die Mitwirkung an der Untersuchung und Behandlung der Pfleglinge in der Sonderklasse“ Anteile an diesen Honoraren zustehen. Diese Anteile sind nach Maßgabe des § 41 Abs 7 Tir KAG in einem „angemessenen Verhältnis“ aufzuteilen, wobei der Anteil der Poolberechtigten nach Abzug des „Hausanteils“ für die Krankenanstalt (20 vH) mindestens 45 vH der verbleibenden, vereinnahmten Honorare zu betragen hat.

Vgl dazu auch einen Fall, in dem sich die Vorschreibung des Arzthonorars als unzulässig erwies, weil der Patient über Inhalt und Umfang der „Verpflichtungserklärung für die Aufnahme in die Sonderklasse“ nicht ausreichend aufgeklärt worden war („zuzüglich der noch nicht feststehenden Arzthonorare im tariflich und gesetzlich vorgesehenen Ausmaß“); VwGH 18. 12. 2006, 2003/11/0267, LN Rechtsnews 2323 vom 5. 2. 2007.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20385 vom 13.10.2015