News

Subventionierung konfessioneller Privatschulen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AEUV: Art 17, Art 56

PrivSchG: § 17

Subventionen zum Personalaufwand erhalten in Österreich gem § 17 PrivSchG die „gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften“ für „konfessionelle Privatschulen“ mit Öffentlichkeitsrecht, das sind Schulen, die von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und ihren Einrichtungen erhalten werden, sowie Schulen, die von Vereinen, Stiftungen und Fonds erhalten und von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Oberbehörde als konfessionelle Schulen anerkannt werden. Aufgrund der Terminologie innerhalb des PrivSchG geht der VwGH davon aus, dass § 17 PrivSchG lediglich Kirchen und Religionsgesellschaften erfasst, die in Österreich gesetzlich anerkannt sind.

Die Revisionswerberin ist eine Religionsgesellschaft (mit dem Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts), die in Deutschland anerkannt ist, nicht aber in Österreich. Strittig ist im Anlassfall die Subventionierung einer Privatschule, die von einem österreichischen Verein betrieben und von der Revisionswerberin als konfessionell anerkannt wird. Für eine Subventionierung als konfessionelle Privatschule iSd § 17 PrivSchG ist daher entscheidungswesentlich, ob diese Bestimmungen bzw die Einschränkung auf in Österreich gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften im Einklang mit dem Unionsrecht stehen. Der VwGH möchte daher vom EuGH wissen:

1.Fällt eine Situation, in der eine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union anerkannte und ansässige Religionsgesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat um Subventionierung einer von ihr als konfessionell anerkannten, von einem nach dem Recht dieses anderen Mitgliedstaates eingetragenen Verein in diesem anderen Mitgliedstaat betriebenen Privatschule ansucht, unter Berücksichtigung von Art 17 AEUV in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, insb von Art 56 AEUV?
Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:
2.Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche als eine Voraussetzung für die Subventionierung von konfessionellen Privatschulen die Anerkennung des Antragstellers als Kirche oder Religionsgesellschaft nach nationalem Recht vorsieht?

VwGH 26. 5. 2021, Ra 2021/10/0069

Entscheidung

Subventionierung konfessioneller Privatschulen

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften haben einen Rechtsanspruch auf Subventionierung (der im Verwaltungsweg durchgesetzt werden kann), während allen sonstigen Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht der Bund Subventionen nur nach Maßgabe der Mittel gewähren kann, die nach dem jeweiligen BFG zur Verfügung stehen (vgl VwGH 7. 5. 2020, Ra 2019/10/0122, 0123); es hängt also vom jeweiligen BFG ab, ob überhaupt Subventionsmittel zu verteilen sind.

Die unterschiedliche Behandlung konfessioneller und nicht konfessioneller Privatschulen verletzt den Gleichheitsgrundsatz nicht, was der VfGH bereits klargestellt hat (vgl VfGH 10. 10. 2019, G 152/2019, Rechtsnews 28103). Auch die Europäische Kommission für Menschenrechte hat die Bedeutung von konfessionellen Privatschulen in Ergänzung zum öffentlichen (nicht-konfessionellen) Schulsystem anerkannt: Die besondere Förderung ist insb vor dem Hintergrund des Art 2 1. ZPEMRK iVm Art 14 EMRK gerechtfertigt, weil konfessionelle Schulen im österreichischen Erziehungssystem besonders weit verbreitet sind und eine hohe Anzahl von Schülern unterrichten (vgl Europäische Kommission für Menschenrechte 6. 9. 1995, 23419/94, Verein gemeinsam Lernen).

Anwendbarkeit des Unionsrechts?

Mit dem EWR-Beitritt wurde § 2a PrivSchG eingefügt, wonach österreichischen Staatsbürgern und inländischen juristischen Personen Staatsangehörige und juristische Personen eines Landes gleichgestellt sind, dessen Angehörigen und juristischen Personen Österreich aufgrund eines Staatsvertrags im Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte zu gewähren hat wie Inländern und inländischen juristischen Personen. Daraus kann nach Ansicht des VwGH nicht unmittelbar abgeleitet werden, dass auch Kirchen und Religionsgesellschaften, die in anderen Mitgliedstaaten anerkannt wurden, Subventionen für konfessionelle Privatschulen zu gewähren wären, weil § 17 PrivSchG nicht auf die Staatsangehörigkeit abstellt, sondern auf eine gesetzliche Anerkennung.

Im gegenständlichen Fall wird die betroffene Schule im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert, sodass nach der Rsp des EuGH das Vorliegen einer Dienstleistung zu bejahen wäre (vgl etwa EuGH 6. 11. 2018, C-622/16 P bis C-624/16 P, Scuola Elementare Maria Montessori Srl ua). Diese Dienstleistung wird in Österreich von einem österreichischen Verein erbracht und weist insoweit keinen grenzüberschreitenden Bezug auf. Der einzig ersichtliche grenzüberschreitende Anknüpfungspunkt könnte nur im Subventionsantrag der deutschen Religionsgesellschaft erblickt werden (sie selbst ist nicht Dienstleistungserbringerin). Es erscheint dem VwGH daher fraglich, ob fallbezogen überhaupt ein unionsrechtlich relevanter Sachverhalt verwirklicht ist. Zu einer solchen Konstellation hat sich der EuGH – soweit ersichtlich – noch nicht geäußert.

Darüber hinaus ist zu beurteilen, ob Art 17 AEUV der Anwendung des Unionsrechts auf die vorliegende Konstellation entgegen steht. Nach Art 17 AEUV wird der Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, von der Union geachtet und nicht beeinträchtigt. Es erscheint daher nicht als unvertretbar, die Subventionierung von konfessionellen Privatschulen als Regelung der Beziehungen zwischen dem Mitgliedstaat und den Kirchen bzw religiösen Vereinigungen zu betrachten, denen die Union neutral gegenübersteht (vgl in diesem Sinn die Ausführungen des Generalanwalts Michal Bobek in seinem Schlussantrag vom 25. 7. 2018 in der Rechtssache Cresco Investigation GmbH, C-193/17, ARD 6634/7/2019).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31047 vom 16.06.2021