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TBO 2022: Betreten eines Bauplatzes durch die Baubehörden

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

TBO 2022: § 48

Gemäß § 48 Abs 2 TBO 2022 sind die Baubehörden zum Zweck der Durchführung der Überwachung der §§ 45, 46 und 47 TBO 2022 berechtigt, den Bauplatz und alle Teile von baulichen Anlagen zu betreten. Das Betretungsrecht des § 48 Abs 2 TBO 2022 dient, insoweit vergleichbar mit § 50 Abs 4 GSpG, der Ausübung der Kontrolle der Einhaltung der dort genannten baurechtlichen Bestimmungen, sodass zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Betretungsrechtes nach § 48 Abs 2 TBO 2022 die Grundsätze der Rsp zum Betretungsrecht nach § 50 Abs 4 GSpG herangezogen werden können.

Eine Betretung nach § 48 Abs 2 TBO 2022 ist den einschreitenden Organen daher unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Zweck der Feststellung eines Sachverhalts gestattet, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen der §§ 45, 46 und 47 TBO 2022 eingehalten werden.

VwGH 5. 2. 2024, Ra 2023/06/0024

Entscheidung

Das VwG ging davon aus, dass das „bloße Betreten“ des Grundstücks zum Vermessen einer konsenslos errichteten Solaranlage „jedenfalls durch das Betretungsrecht nach § 48 Abs 2 TirBauO gedeckt“ sei. Nach den Feststellungen hatten die Organe der Baubehörde am 17. 2. 2022 die Liegenschaft des Revisionswerbers über eine frei zugängliche Zufahrt und eine grasbewachsene Böschung betreten und ein etwa kniehohes Holzgatter mit einem einfachen Sperrriegel geöffnet, das den Zugang zur Solaranlage sicherte. Sie vermaßen die Solaranlage und fertigten Lichtbilder der Anlage an.

Nach Ansicht des VwGH kann darin keineswegs eine Verhaltensweise der Behörde gesehen werden, „die im ländlichen Raum zur Feststellung, ob sich jemand dort aufhält, durchaus üblich“ ist. Sie hatte ganz offensichtlich einen über eine solche Feststellung hinausgehenden, anderen Zweck (vgl VwGH 28. 1. 2016, Ra 2014/07/0069, mwN, ZfV 2016/6, zum Betreten eines Grundstücks über ein Loch im Zaun, Anfertigung von Lichtbildern und Durchführung von Erhebungen). Die gegenständliche Amtshandlung ist vielmehr als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, deren Rechtmäßigkeit das VwG zu prüfen hatte (vgl dazu VwGH 5. 12. 2017, Ra 2017/01/0373, Rn 54 ff).

Dem angefochtenen Erkenntnis ist zu entnehmen, dass am 5. 12. 2022 eine weitere Besichtigung der Liegenschaft von der angrenzenden öffentlichen Straße aus erfolgt sei, was zu keinen abweichenden Feststellungen von den in den Akten einliegenden Lichtbildern geführt hätte. Im Hinblick auf die notwendige Prüfung der Verhältnismäßigkeit kann daher noch nicht beurteilt werden, ob die gegenständliche Maßnahme nach § 48 Abs 2 TBO 2022 tatsächlich zur Erlassung eines Beseitigungsauftrags gem § 46 Abs 1 TBO 2022 erforderlich war. Insbesondere fehlen Erwägungen, warum mit dem Studium der Aktenlage iVm einer Erhebung des Zustandes der Solaranlage außerhalb des Grundstücks des Revisionswerbers - wie beim Lokalaugenschein am 5. 12. 2022 - nicht das Auslangen zu finden war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35306 vom 12.04.2024