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TNRSG: § 10a
§ 10a Abs 1 TNRSG verlangt für das Inverkehrbringen neuartiger Tabakerzeugnisse in Österreich deren vorherige Zulassung durch die Zulassungsbehörde. Damit geht der österreichische Gesetzgeber über die in Art 19 Abs 1 RL 2014/40/EU (TabakprodukteRL, TPD II) vorgesehene Meldepflicht hinaus und nimmt die Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Einführung eines Systems für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse in Anspruch (vgl RV 1056 BlgNR 25. GP 6; Art 19 Abs 3 TPD II und ErwG 34 der TPD II spricht von der Befugnis der Mitgliedstaaten, neuartige Tabakerzeugnisse zu verbieten oder zuzulassen). Innerstaatlich betrachtet liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, Tabakerzeugnisse aufgrund potentieller gesundheitsschädigender Auswirkungen in den Anwendungsbereich des TNRSG einzubeziehen. Entsprechend der Verordnungsermächtigung des § 10a Abs 7 Z 2 TNRSG enthält die NTZulV die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Voraussetzungen der Zulassung sowie des Zulassungsverfahrens.
In Form einer Generalklausel verpflichtet § 10a Abs 2 erster Satz TNRSG die Zulassungswerberin bzw Herstellerin oder Importeurin dazu, alle „notwendigen“ Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Davon sind alle Unterlagen erfasst, die für die Beurteilung erforderlich (notwendig) sind, ob die Zulassung zu erteilen oder zu versagen ist (vgl auch § 5 Abs 6 erster Satz NTZulV). Die Verpflichtung zur Verfügungstellung (einzelner) der Unterlagen und Informationen des § 10a Abs 2 zweiter Satz Z 1 bis 5 TNRSG besteht nach dem Gesetzeswortlaut nur soweit, als diese „verfügbar“ sind, also im Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung bereits existieren. Entstehen jedoch während des Zulassungsverfahrens neue oder aktualisierte Informationen iSd § 10a Abs 2 Z 3 bis 5 TNRSG, sind diese gem § 10a Abs 3 erster Satz TNRSG bzw § 5 Abs 6 NTZulV unverzüglich dem zuständigen BM, und zwar der Bewertungsstelle, zu übermitteln. Überdies kann die Zulassungsbehörde – nach ihrem Ermessen („kann“) – den Herstellerinnen und Importeurinnen gem § 10a Abs 3 zweiter Satz TNRSG zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorschreiben. Da § 10a TNRSG für alle möglichen, uU ganz unterschiedliche Arten von - eben neuartigen - Tabakerzeugnissen offen sein soll, können die erforderlichen Tests und Informationen von Fall zu Fall unterschiedlich sein und nicht für alle (zukünftigen) neuartigen Tabakerzeugnisse im Vorhinein festgelegt werden. Gegen die Annahme von Ermessen betr zusätzliche Tests und Informationen spricht auch nicht, dass die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zulassung selbst nicht im Ermessen der Zulassungsbehörde steht (arg: § 10a Abs 4 TNRSG: „ist zu erteilen“; § 5 Abs 9 NTZulV: „ist ... zu erteilen bzw zu versagen“), die Zulassungswerberin also bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Zulassung hat.
Ob die Zulassungsbehörde bei der Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage von Emissionswerten ihr Ermessen „iSd Gesetzes“ geübt hat (Art 130 Abs 3 B-VG), ist anhand der materiellen Zulassungskriterien zu beurteilen; die Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage zusätzlicher Informationen ist nämlich jedenfalls nur für solche Tests und Informationen rechtmäßig, die für die Entscheidung über die Zulassung erforderlich sind. Das ergibt sich nicht nur aus dem Telos eines Zulassungsverfahrens, sondern auch in systematischer Betrachtung aus § 10a Abs 2 erster Satz TNRSG (Zurverfügungstellung aller „notwendigen“ Unterlagen und Erteilung aller „erforderlichen“ Auskünfte; vgl auch § 5 Abs 6 erster Satz NTZulV: „die für die Zulassung erforderlichen Unterlagen“).
Stellt die Zulassungswerberin der Zulassungsbehörde daher nicht alle zur Beurteilung und Entscheidung ihres Antrags notwendigen (verfügbaren oder neuen bzw aktualisierten) Unterlagen und Informationen zu Verfügung oder kommt sie einer auf § 10a Abs 3 zweiter Satz TNRSG gestützten Vorschreibung zusätzlicher Tests oder Vorlage zusätzlicher Informationen nicht oder nicht vollständig nach, ist die Zulassung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 10a Abs 5 TNRSG nicht zu erteilen (bzw zu widerrufen), ein entsprechender Antrag also abzuweisen.
VwGH 28. 1. 2025, Ro 2023/11/0019
Entscheidung
Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Zielsetzung der Novelle BGBl I 2016/22 ist es angesichts des unions- und verfassungsrechtlichen sowie gesetzessystematischen Kontextes auszuschließen, dass eine Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse nach § 10a TNRSG unabhängig von ihren gesundheitlichen Auswirkungen erfolgen dürfte. Andernfalls hätte der Gesetzgeber auch nicht die verpflichtende Bereitstellung von Informationen und Studien etwa über die Toxizität und die Emissionen der zur Zulassung beantragten Produkte (vgl § 10a Abs 2 Z 2 bis 5 TNRSG) vorgesehen.
Im Revisionsfall wurde die Zulassung nicht wegen der gesundheitlichen Auswirkungen der gegenständlichen neuartigen Tabakerzeugnisse verweigert, sondern deswegen, weil die Revisionswerberin von der Zulassungsbehörde vorgeschriebene Unterlagen über zusätzliche Tests und Emissionswerte nicht vollständig vorgelegt hat. Es kann jedoch für die Entscheidung des Revisionsfalls eine konkrete Festlegung dahinstehen, welche gesundheitlichen Auswirkungen von neuartigen Tabakerzeugnissen eine Erteilung der Zulassung (noch) erlauben und welche (schon) zu einer Versagung der Zulassung führen. In diesem Sinn ist es auch nicht entscheidungswesentlich, ob das von der Zulassungsbehörde angenommene Zulassungskriterium, dass ein neuartiges Tabakerzeugnis nicht schädlicher als eine herkömmliche Zigarette sein darf, dem TNRSG in jeder Hinsicht entspricht.
Für die Beurteilung, ob im Revisionsfall bei der Vorschreibung zusätzlicher toxikologischer Tests und der Vorlage von Emissionswerten das durch § 10a Abs 3 zweiter Satz TNRSG eingeräumte Ermessen iSd Gesetzes geübt wurde, genügt es vielmehr festzuhalten, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse ein entscheidungsrelevantes gesetzliches Kriterium und somit auch ein Ermessenskriterium darstellen.
Da schon die Nicht- bzw nicht vollständige Erfüllung der – wie zuvor ausgeführt zu Recht erfolgten – Anordnung der Zulassungsbehörde zur Abweisung des Zulassungsantrages führt, musste nicht inhaltlich geprüft werden, ob die zur Zulassung beantragten Produkte iSd § 10a Abs 8 TNRSG den Anforderungen dieses Gesetzes genügen.