News

Umweltorganisation: Antrag auf Überprüfung und Aufhebung einer Verordnung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UVP-G 2000: § 19

Bei der hier interessierenden Spezies des Fischotters (Lutra lutra) handelt es sich um eine „streng zu schützende“ Tierart von gemeinschaftlichem Interesse gem Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-RL (FFH-Richtlinie). Für diese Tierarten sieht Art 12 FFH-RL ein - näher bestimmtes - „strenges Schutzsystem“ vor, von dem die Mitgliedstaaten nur unter den Voraussetzungen des Art 16 Abs 1 FFH-RL „abweichen“ dürfen. Die NÖ Fischotter-Verordnung ist in Umsetzung des Unionsumweltrechts ergangen, nämlich des Unions-Artenschutzrechts nach den Bestimmungen der FFH-RL.

Der Antrag einer anerkannten Umweltschutzorganisation, die NÖ Fischotter-Verordnung „auf ihre Vereinbarkeit mit Art 16 FFH-RL [zu] überprüfen“ und die Verordnung „aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit Art 16 FFH-RL ersatzlos auf[zu]heben“, ist von der Behörde inhaltlich zu prüfen (und nicht unter Berufung auf die Kompetenz des VfGH gem Art 139 B-VG zur Prüfung von Verordnungen auf deren Gesetzmäßigkeit zurückzuweisen):

Der VfGH erkennt in seiner (bisherigen) Rsp anerkannten Umweltorganisationen keine Parteistellung im Verfahren nach Art 139 B-VG und damit keine Antragslegitimation zu.

Angesichts dessen ist die - auf Judikatur des EuGH gestützte - Rsp des VwGH in den Blick zu nehmen, der zufolge einer anerkannten Umweltorganisation aufgrund Art 6 des Übereinkommens von Aarhus iVm Art 47 GRC grds ein Recht auf Teilnahme (bereits) am behördlichen Verfahren zusteht, soweit der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel steht. Der VwGH hat auch bereits klargestellt (iZm einem Antrag einer anerkannten Umweltorganisation auf Erlassung einer Verordnung nach dem IG-L), dass trotz des Rechtstypenzwangs in der österreichischen Rechtsordnung Konstellationen auftreten können, in denen die Verwaltung unter bestimmten (unionsrechtlichen) Voraussetzungen zur Erlassung einer Verordnung verpflichtet ist, und dass in solchen Fällen – trotz Fehlens eines Antragsrechts oder einheitlichen Verfahrensrechts betr Verordnungserlassung – ein Antragsrecht von Parteien zu bejahen ist. Die österreichischen Behörden und Gerichte seien gefordert, für effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen; die Zurückweisung eines solchen Antrags mangels Antragsrechts stelle eine Verweigerung der Sachentscheidung und somit eine Rechtsverletzung dar. Klargestellt wurde vom VwGH auch bereits, dass der Umstand, dass eine Verordnung bereits existiert, für sich allein keinen Grund darstellt, der einer Zulässigkeit eines Antrags auf inhaltliche Überprüfung der Verordnung entgegenstünde.

VwGH 13. 6. 2023, Ra 2021/10/0162, 0163

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34242 vom 06.07.2023