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UVP-G: Geltendmachung von „Umweltschutzvorschriften“ durch Bürgerinitiativen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UVP-G 2000: § 19

WRG 1959: § 104a

1. Nach § 19 Abs 10 UVP-G 2000 sind Umweltorganisationen im Rahmen ihrer Parteistellung nur berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen. Entsprechendes gilt für Personengruppen (Bürgerinitiativen) nach § 19 Abs 4 UVP-G 2000, soweit ihnen Parteistellung zukommt.

Der Begriff der „Umweltschutzvorschrift“ iSd § 19 Abs 4 (und 10) UVP-G 2000 ist weit zu verstehen und nicht auf Normenbereiche eingeschränkt, die in unmittelbarem Bezug zum Schutz der Umwelt stehen. Der Begriff der „Umweltschutzvorschrift“ umfasst vielmehr Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- oder Einwirkungen dienen. Es fallen aber nicht ganze Rechtsbereiche (wie zB das Wasserrecht oder das Naturschutzrecht) unter die „Umweltschutzvorschriften“. Vielmehr ist die Qualifikation der einzelnen Rechtsnormen je für sich vorzunehmen. Eine Rechtsnorm wird man demnach als „Umweltschutzvorschrift“ qualifizieren können, wenn ihre Zielrichtung (zumindest auch) in einem Schutz der Umwelt - iS einer Hintanhaltung von Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Natur - besteht.

2. Aus Art 9 Abs 1 erster Satz Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Bodenschutz (Protokoll „Bodenschutz“), BGBl III 2002/235, ist kein „ausnahmsloses und unbedingtes Erhaltungsgebot für alle - auch noch so kleinen und unbedeutenden - Moore“ abzuleiten; in bestimmten Konstellationen kann für gewisse Moore sehr wohl ein Erhaltungsgebot anzunehmen sein.

3. Die Bemessung des Kompensationsbedarfs für Zustandsverschlechterungen von Gewässern ist nicht Regelungsgegenstand des § 104a WRG 1959 (bzw deren unionsrechtliche Grundlage), sodass die dazu ergangene Rsp auch nicht unmittelbar umgelegt werden kann. Unabhängig davon ergibt sich aber auch aus dieser Rsp lediglich, dass bereits die Verschlechterung einer einzelnen Qualitätskomponente als „Verschlechterung des Zustandes“ des Oberflächenwasserkörpers insgesamt anzusehen ist, auch wenn die (zusammenfassende) Zustandsklasse (insgesamt) unverändert bleibt. Dies führt dann etwa dazu, dass in diesen Fällen zusätzlich die Genehmigungsvoraussetzungen des § 104a Abs 2 WRG 1959 vorliegen müssen. Es ergibt sich daraus aber nicht, dass die Verschlechterung einer Teilkomponente mit der Verschlechterung um eine gesamte Zustandsklasse (auch quantitativ) gleichzusetzen ist.

VwGH 28. 5. 2020, Ra 2019/07/0081 bis 0084, Ra 2019/07/0130

Hinweis:

Zum ersten Rechtsgang siehe VwGH 22. 11. 2018, Ro 2017/07/0033 bis 0036 = Rechtsnews 26613.

Im zweiten Rechtsgang wurden nun die Revisionen einer Gemeinde, dreier Umweltorganisationen und einer Bürgerinitiative zurückgewiesen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29273 vom 25.06.2020