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UVP: Kumulierung von Auswirkungen - Einzelfallprüfung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UVP-G 2000 § 3

Bei Vorhaben des Anhangs 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob aufgrund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwerts aufweist (§ 3 Abs 2 UVP-G 2000).

Bei der nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 vorzunehmenden Einzelfallprüfung geht es um die Berücksichtigung kumulativer und additiver Effekte gleichartiger Vorhaben. Diese Vorhaben müssen keine bestimmte Mindestgröße aufweisen oder einen bestimmten Mindestbeitrag zu den zu prüfenden Umweltauswirkungen leisten, um in die Einzelfallprüfung einbezogen werden zu können. In diese Prüfung sind vielmehr alle gleichartigen Vorhaben in jenem Bereich einzubeziehen, in dem sich ihre maßgeblichen Umweltauswirkungen erwartungsgemäß überlagern werden; dies unabhängig von dem Beitrag zu den Umweltauswirkungen, den sie jeweils verursachen.

VwGH 17. 12. 2015, 2012/05/0153

Entscheidung

Der VwGH gesteht in seiner Begründung zu, dass es Anlagen geben mag, die derart geringe Mengen an (hier) Feinstaub PM10 emittieren, dass ein durch sie bewirkter kumulativer bzw additiver Effekt iSd § 3 Abs 2 UVP-G 2000 ausgeschlossen erscheint. In diesem Fall müsste die Behörde aber auf Basis eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens eines luftreinhaltetechnischen Sachverständigen im Einzelnen begründet darlegen, auf welche Anlagen dies aus welchem Grund zutrifft, wobei auch die Anzahl derartiger Anlagen im Untersuchungsgebiet zu berücksichtigen wäre.

Allein das abstrakte Abstellen auf die Nachweisgrenze von technischen Messgeräten reicht nach Ansicht des VwGH dafür nicht aus: Der Umstand, dass Immissionen unter der Messbarkeitsgrenze liegen, sagt noch nichts darüber aus, ob diese einen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten können; außerdem könnten sich die technischen Möglichkeiten der Nachweisbarkeit von Emissionen ändern. Zudem erscheint es dem VwGH nicht ausgeschlossen, dass das Bestehen zahlreicher Anlagen, die für sich genommen jeweils PM10-Emissionen in geringem Ausmaß verursachen, in Summe dennoch kumulative und additive Effekte bewirken kann.

Weiters weist der VwGH (zusammengefasst) darauf hin, dass bei der Beurteilung der UVP-Pflicht nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 nicht bloß die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzwecks zu berücksichtigen ist, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt wurde (vgl dazu § 3 Abs 4 UVP-G 2000; hier: Feinstaub), sondern alle mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben auf die Umwelt.

Hinweis:

Seit BGBl I 2012/77 (hier nicht anwendbar) ist in § 3 Abs 2 UVP-G 2000 vorgesehen, dass die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20967 vom 25.01.2016