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Verhandlung und Urteil in Abwesenheit des Angeklagten

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StPO: § 427, § 478

Gemäß § 427 Abs 1 erster Satz StPO darf bei sonstiger Nichtigkeit nur dann die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt und das Urteil gefällt werden, wenn es sich um ein Vergehen handelt, der Angeklagte gem § 164 StPO oder § 165 StPO zum Anklagevorwurf vernommen und ihm die Ladung zur Hauptverhandlung persönlich zugestellt worden ist. Wurde ihm die Vorladung nicht gehörig zugestellt oder kann er nachweisen, dass er durch ein unabwendbares Hindernis abgehalten wurde, kann er gegen ein Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts binnen 14 Tagen ab Zustellung des Urteils Einspruch erheben (§ 478 Abs 1 StPO).

Ist dem Gericht bereits vor Beginn der Hauptverhandlung bekannt, dass sich der Angeklagte im Ausland in Haft befindet, so hat es idR von einer Durchführung der Hauptverhandlung und der Urteilsfällung in dessen Abwesenheit Abstand zu nehmen. Dies ist unübersteigliche Konsequenz des Rechtsbehelfs des Einspruchs gegen das Abwesenheitsurteil, mit dem der Angeklagte in einem solchen Fall – ohne Anfechtung des Urteilsinhalts – die Neudurchführung des Verfahrens erzwingen kann. Eine Verfahrensdurchführung in Kenntnis der zu gewärtigenden Urteilskassierung wäre sinnwidrig.

Dem Angeklagten steht es zwar grundsätzlich frei, in einem auf den Schutzzweck des § 427 StPO abgestimmten Bereich durch persönliche und unmissverständliche Erklärung der Verhandlung in seiner Abwesenheit zuzustimmen. Wird der Angeklagte zur Erklärung aufgefordert, ob er mit der Durchführung der Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit einverstanden sei, darf dem Unterbleiben einer Erklärung allerdings kein solcher Erklärungsinhalt beigemessen werden.

OGH 22. 3. 2016, 11 Os 16/16m (11 Os 17/16h)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21626 vom 13.05.2016