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Verkehrsopferentschädigung nach Arbeitsunfall mit Hubstapler

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

EKHG: §§ 1, 2 Abs 2

VOEG: § 6 Abs 1 Z 1

ASVG: § 333 Abs 3

1. Die Gefährdungshaftung nach dem EKHG trifft den Halter eines Elektrohubstaplers gem § 2 Abs 2 EKHG nur dann, wenn die Bauartgeschwindigkeit 10 km/h übersteigt.

2. Bis zu jenem Zeitpunkt, in dem das Transportgut stabil abgestellt und aus der Befestigung gelöst worden ist, zählt der Transportvorgang zum Betrieb des Hubstaplers iSd § 1 EKHG.

3. Bei einem Elektrohubstapler handelt es sich um ein nicht versicherungspflichtiges Fahrzeug iSd § 6 Abs 1 Z 1 VOEG. Für Personen- und Sachschäden, die bei einem Arbeitsunfall durch ein solches Fahrzeug verursacht worden sind, trifft den Fachverband der Versicherungsunternehmungen die Entschädigungspflicht nach dem VOEG, sofern dem Geschädigten nach den Grundsätzen der Gefährdungs- oder Verschuldenshaftung ein Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten zusteht.

Der Anspruch auf eine Verkehrsopferentschädigung für Personenschäden, die ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall mit einem nicht versicherungspflichtigen Fahrzeug erlitten hat, wird durch das Dienstgeberhaftungsprivileg des Dritten (als Dienstgeber oder Aufseher im Betrieb) nicht ausgeschlossen. Die gem § 6 Abs 1 Z 1 VOEG bestehende Entschädigungspflicht des Fachverbandes ist wie eine deckungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung zu behandeln, weshalb die in § 333 Abs 3 ASVG geregelte Ausnahme vom Haftungsprivileg in dem Sinn greift, dass der Fachverband haftet. Der Dritte könnte nicht in Anspruch genommen werden.

OGH 26. 1. 2017, 2 Ob 20/16d

Entscheidung

Der Arbeitsunfall ereignete sich auf einem Betriebsareal, nachdem eine Fertigteilwand mit einem Hubstapler an Haken aufgehängt transportiert und auf einen Unterleger abgestellt worden war. Ein Lehrling wollte gerade die Transportaufhängung lösen, als die Wand von der Unterlage abrutschte und anschließend auf ihn fiel. Er wurde schwer verletzt. Ursache des Abrutschens war, dass der Unterleger, auf dem bereits mehrere Wände in leichter Schräglage standen, für das Abstellen einer weiteren Wand zu kurz war. Ob das anschließende Umfallen der Wand auf das Abrutschen oder darauf zurückzuführen ist, dass der Staplerfahrer schon vor Lösung der Transportaufhängung mit der Rückwärtsfahrt begann, konnte nicht festgestellt werden. Im vorliegenden Verfahren begehrte der Lehrling vom Fachverband der Versicherungsunternehmungen eine Verkehrsopferentschädigung.

Nach Ansicht des OGH kommt eine Haftung des Fachverbandes grundsätzlich in Frage, wobei Haftungsvoraussetzungen im fortgesetzten Verfahren noch geklärt werden müssen. So ist insb noch offen, ob eine Verschuldens- oder Gefährdungshaftung eines Dritten (Staplerfahrer, Arbeitgeber als Halter) besteht.

Anmerkung

Zur Verkehrsopferentschädigung nach einem Arbeitsunfall mit einem Hubstapler siehe auch 2 Ob 89/12w = Zak 2013/262, 143.

Arbeitsunfälle mit nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen waren zwischenzeitig von der Verkehrsopferentschädigung ausgenommen (§ 6 Abs 3 VOEG aF). In 2 Ob 112/15g = Zak 2016/375, 198 hat der OGH ausgesprochen, dass dies nicht mit der 6. Kfz-Haftpflichtversicherungs-RL vereinbar und die nicht umgesetzte Richtlinienbestimmung gegenüber dem Fachverband unmittelbar anzuwenden ist. Mit dem MinVersValG 2016 (BGBl I 2017/19; siehe Zak 2016/798, 433) hat der Gesetzgeber die richtlinienwidrige Regelung auch formell aufgehoben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23393 vom 06.04.2017