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Verwaltungsstrafe auch für Ausschank an Jugendliche über „Mittelsmänner“

Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 111, § 114, § 367a

Der Begriff „Ausschank“ in § 114 GewO 1994 stellt darauf ab, dass die ausgeschenkten Getränke an Ort und Stelle genossen werden, und beinhaltet damit auch eine gewisse Mittelbarkeit. § 114 GewO 1994 erfasst als „Ausschank“ daher auch die Weitergabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche durch sogenannte „Mittelsmänner“ in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden. Das objektive Tatbild des § 367a GewO 1994 wird daher erfüllt, wenn nichtjugendliche Personen die alkoholischen Getränke bestellen, sie sodann an Jugendliche weitergeben und die Jugendlichen diesen Alkohol konsumieren, obwohl nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Ob ein solcher Ausschank entgegen § 114 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden auch vorgeworfen werden kann, ist eine Frage der subjektiven Tatseite nach § 5 VStG.

VwGH 9. 9. 2015, Ro 2015/04/0017

Entscheidung

Die hier vorliegende Konstellation, in der „Mittelsmänner“ in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden alkoholische Getränke an Jugendliche weitergegeben haben, hat der VwGH bisher in seiner Rsp noch nicht behandelt. Er hält dazu nun zunächst fest, dass sich § 114 GewO 1994 grds an den Gewerbetreibenden richtet und die Mittelsmänner allenfalls nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zu bestrafen sind (vgl hier § 21 Abs 1 lit d des Tiroler Jugendschutzgesetzes 1994). Hinsichtlich des Gewerbetreibenden genießt jedoch § 114 GewO 1994 als spezielle Norm Vorrang gegenüber den Strafbestimmungen der landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen (zum Doppelbestrafungsverbot nach Art 4 des 7. ZP­EMRK iZm § 114 GewO 1994 idF vor der Novelle BGBl I 2008/42 aF vgl VwGH 18. 6. 2008, 2006/11/0222, LN Rechtsnews 5413 vom 22. 7. 2008)

Objektive Tatseite

Dass der Gewerbetreibende das objektive Tatbild des § 367a iVm § 114 GewO 1994 erfüllt, begründet der VwGH va damit, dass bei der Auslegung des § 114 GewO 1994 der Bedeutungsgehalt des Begriffs „Ausschank“ zu berücksichtigen ist: Unter „Ausschank“ ist gem § 111 Abs 3 GewO 1994 „jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die ... Getränke an Ort und Stelle genossen werden“. Diese Begriffsdefinition habe der Gesetzgeber bei der Beschreibung der Tätigkeiten des Gastgewerbes (§ 94 Z 26 GewO 1994) gewählt und es bestehe kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber diesem Begriff in § 114 GewO 1994 einen anderen Bedeutungsgehalt zumessen wollte.

In diesem Sinne beinhaltet der Begriff „Ausschank“ nach Ansicht des VwGH eine gewisse Mittelbarkeit und umfasst nicht nur die Tätigkeit des direkten Ausschanks an Personen, sondern auch jede sonstige Vorkehrung oder Tätigkeit, die darauf abgestellt ist, dass Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Für diese weite Auslegung spricht - so der VwGH - nicht zuletzt auch der aus den Mat erkennbare Wille des Gesetzgebers, im Hinblick auf den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen als gesellschaftliches Problem (vgl „Koma-Trinken“) die bereits bestehenden Vorkehrungen des Gewerberechts zu verbessern (vgl AB 420 BlgNR 23. GP, 10 f). Da die vorliegende Auslegung weiters neben dem (aus den Mat erkennbaren) Ziel des § 114 GewO 1994 auch den Wortlaut und die Systematik des Gesetzes berücksichtige, liege somit auch kein Fall analoger Rechtsanwendung im Sinne des Analogieverbots vor.

Subjektive Tatseite

Eine Frage der subjektiven Tatseite nach § 5 VStG ist allerdings nach Ansicht des VwGH, ob ein Ausschank an Jugendliche entgegen § 114 GewO 1994 über „Mittelsmänner“ dem Gewerbetreibenden auch vorgeworfen werden kann. Der VwGH verweist in diesem Zusammenhang auf seine stRsp, wonach die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon abhängt, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im vorliegenden Zusammenhang seien bei der Schuldfrage auch die Umstände des Einzelfalls wie Art und Größe des Lokals, Anzahl der Besucher im Lokal etc zu berücksichtigen.

In der vorliegenden Rechtssache wurde in der Revision kein Vorbringen zur subjektiven Tatseite erstattet, sondern lediglich die Beurteilung des Verwaltungsgerichts bekämpft, dass das objektive Tatbild des § 367a GewO 1994 erfüllt war. Da der VwGH auch keine Anhaltspunkte sah, dass das Verwaltungsgericht die Schuldfrage in nicht vertretbarer Weise beurteilt hätte, wies er die Revision im Ergebnis als unbegründet zurück.

Hinweis:

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts war es dem Gewerbetreibenden hier nicht gelungen, konkrete und effektive Maßnahmen zu schildern, um einen verbotenen Alkoholausschank, va über Mittelsmänner, an Jugendliche zu unterbinden. Als eine mögliche Maßnahme für eine effektive laufende Kontrolle des Konsums von Jugendlichen erwähnt das Verwaltungsgericht die farbliche Unterscheidung der Gläser oder der Getränke, die Alkohol enthalten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20505 vom 02.11.2015