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VfGH: Aufhebung einer Ladezone in Wr Geschäftsstraße

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

B-VG: Art 89, Art 139

StVO: § 43, § 96

Liegt ein erhebliches wirtschaftliches Interesse eines oder mehrerer umliegender Unternehmungen vor, hat die Behörde gem § 43 Abs 1 lit c StVO 1960 durch Verordnung Straßenstellen für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke für Ladetätigkeiten durch Parkverbote bzw gegebenenfalls sogar Halteverbote freizuhalten (Ladezonen). Die Errichtung einer Ladezone nach dieser Bestimmung setzt daher zum einen ein erhebliches wirtschaftliches Interesse eines oder mehrerer umliegender Unternehmungen voraus, Straßenstellen für die Durchführung von Ladetätigkeiten freizuhalten, zum anderen aber auch, dass die betroffenen Straßenstellen nur für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke freigehalten werden.

Gem § 96 Abs 2 StVO 1960 hat die Behörde mindestens alle fünf Jahre unter Beiziehung des Straßenerhalters alle Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs daraufhin zu überprüfen, ob sie noch erforderlich sind. Nicht mehr erforderliche Einrichtungen sind zu entfernen. Die Verletzung dieser Überprüfungspflicht begründet nach der Rsp des VfGH für sich allein noch keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung, die nicht überprüft wurde. Gesetzwidrig wird diese allerdings jedenfalls durch den erkennbaren Wegfall der tatsächlichen Grundlage für ihre Erlassung (vgl VfGH 22. 9. 2021, V 102/2021).

Dies war hier der Fall: Die Ladezone in einer Geschäftsstraße in Wien (Währinger Straße) war im Jahr 2013 eingerichtet worden. Die Behörde überprüfte ihre weitere Erforderlichkeit zwar nicht, ein Wegfall der tatsächlichen Grundlage für die Ladezonen-Verordnung wurde für die Behörde jedoch dadurch erkennbar, dass ihr im Jahr 2017 Projektunterlagen zum Umbau dieses Geländes in ein Hotel übermittelt wurden. Dass die künftige Nutzung der Liegenschaft derzeit noch ungewiss ist, vermag daran nichts zu ändern. Der VfGH hat daher die entsprechende Wortfolge in der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien als gesetzwidrig aufgehoben.

VfGH 1. 3. 2022, V 239/2021

Entscheidung

Im vorliegenden Fall ist im Verordnungsakt ausschließlich ein Unternehmen (Antragsteller) für den Bedarf einer Ladezone genannt. Dieses Unternehmen gab diesen Standort im Jahr 2017 auf. Die verordnungserlassende Behörde brachte zwar vor, dass bei Verordnungserlassung auch erhebliche wirtschaftliche Interessen von anderen umliegenden Unternehmen mitberücksichtigt worden seien, im Verordnungsakt ist dies jedoch nicht dokumentiert.

Der Aufhebung der entsprechenden Wortfolge in der Verordnung steht somit auch der Umstand nicht entgegen, dass allenfalls andere Gründe vorliegen könnten, die die Errichtung einer Ladezone in dem betreffenden Bereich notwendig erscheinen lassen. Die Ausführungen der Wr LReg in diesem Zusammenhang können die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung nicht sanieren, weil der Erlassung der angefochtenen Verordnungsbestimmung keine Prüfung der wirtschaftlichen Interessen anderer umliegender Unternehmen voranging (vgl zB VfGH 13. 3. 2019, V 83/2018, mwN). Den vorgelegten Verordnungsakten lässt sich im Übrigen auch kein Hinweis darauf entnehmen, dass die angefochtene Verordnungsstelle auch auf § 43 Abs 1 lit b StVO 1960 gestützt worden wäre (Anm d Red: Vorgebracht wurde hier auch, dass in einem weiteren Bereich um die hier strittige Straßenstelle bereits seit 1967 eine Ladezone bestanden habe, die immer wieder verändert wurde [“Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen ... Gebietes“ iSd § 43 Abs 1 lit b StVO 1960]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32292 vom 30.03.2022