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VfGH: Befristung des Rechts von Nachbarn auf Beseitigung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Sbg BauPolG: § 16

Wird ein Nachbar in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten durch eine (bescheidwidrige oder nicht bewilligte) bauliche Maßnahme verletzt, die gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zur Bauplatzgrenze oder zu anderen Bauten verstößt, steht ihm das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach § 16 Sbg BauPolG zu, sofern die bauliche Anlage nicht bereits fünf oder mehr Jahre besteht (ab Vollendung der baulichen Maßnahme bzw bei Bauten ab Aufnahme der auch nur teilweisen Benützung; § 16 Abs 6 zweiter Satz Sbg BauPolG). Diese derzeit geltende Fassung erhielt § 16 Abs 6 Sbg BauPolG durch LGBl 2017/96; davor bestand das Antragsrecht bis zu 20 Jahre ab Vollendung der baulichen Maßnahme bzw Benützung des Baus.

Die Bedenken des LVwG Sbg ob der Verfassungsmäßigkeit des § 16 Abs 6 zweiter Satz Sbg BauPolG treffen nicht zu:

Es ist gerade in einem Fall wie diesem der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er Personen rechtlichen Schutz gewährt, die in ihren Interessen durch einen verwaltungsbehördlichen Bescheid betroffen sind, der einer anderen Person gegenüber ergangen ist. Diese Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich dadurch begrenzt, dass das entsprechende Gesetz dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes unterliegt. Dem Sachlichkeitsgebot widerspricht zwar eine Unterscheidung, die den Rechtsbrüchigen gegenüber dem rechtmäßig Handelnden bevorzugt. Eine solche verpönte Differenzierung liegt hier aber nicht vor, weil § 16 Abs 6 Sbg zweiter Satz BauPolG keine Besserstellung desjenigen normiert, der einen Bau rechtswidrig errichtet hat. Diese Vorschrift enthält lediglich eine – zeitlich begrenzteVerleihung einer subjektiven Rechtsstellung, nämlich das Recht, die Beseitigung eines konsenslosen Bauwerkes aufgrund eines Verstoßes gegen Abstandsbestimmungen zu verlangen.

Insb vor dem Hintergrund, dass dem Nachbarn im nachträglichen Baubewilligungsverfahren nach § 7 Sbg BauPolG nunmehr eine zeitlich unbegrenzte Parteistellung zukommt (vgl VfGH 1. 3. 2019, G 380/2018, Rechtsnews 27155), ist für den VfGH nicht erkennbar, dass § 16 Abs 6 zweiter Satz Sbg BauPolG dem Sachlichkeitsgebot widerspricht.

Es liegt im gegebenen Zusammenhang auch im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, die Rechtslage für die Zukunft anders zu gestalten – und aus Sicht des Nachbarn auch insoweit ungünstiger, als die Frist verkürzt wurde, innerhalb derer dem Nachbar ein Antragsrecht in Bezug auf behördliche Maßnahmen zusteht.

VfGH 25. 2. 2021, G 197/2019

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30811 vom 28.04.2021