News

VfGH bestätigt Zuständigkeit des BFG für „Parkstrafen“

Bearbeiter: Sabine Sadlo

B-VG Art 131 Abs 5

WAOR: § 5

Auch Angelegenheiten der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu den ausschließlichen Gemeindeabgaben, die aufgrund der bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß § 7 Abs 5 F-VG 1948 ausgeschrieben werden, fallen in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder iSd Art 131 Abs 5 B-VG. Entgegen der Auffassung des BFG war der Wiener Landesgesetzgeber daher nicht gehindert, auch die Zuständigkeit zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Strafverfügungen betreffend Parkometerabgabe auf das BFG zu übertragen. Insoweit wurde daher der Gesetzesprüfungsantrag zu § 5 WAOR als unbegründet abgewiesen.

VfGH 27. 2. 2015, G 139/2014

-> zu BFG 26. 6. 2014, RN/7500001/2014, ARD 6411/2/2014

Sachverhalt

Dem Verfahren vor dem antragstellenden BFG liegt eine Beschwerde gegen einen Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrats der Stadt Wien (MA 67) betreffend die Vorschreibung einer Geldstrafe wegen fahrlässiger Verkürzung der Wiener Parkometerabgabe zugrunde (Abstellen eines mehrspurigen Kfz – nicht bloß zum Zweck des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit – in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entwertung eines Parkscheins). Die Bedenken des BFG gehen dabei dahin, dass seine Zuständigkeit nach § 5 WAOR für die Entscheidung über Angelegenheiten der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu ausschließlichen Gemeindeabgaben aufgrund der Vorgaben des Art 131 Abs 5 B-VG deshalb verfassungswidrig sei, weil diese Angelegenheiten gemessen an § 7 Abs 5 F-VG 1948 iVm Art 15 Abs 1 B-VG einerseits und an Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG andererseits nicht zum selbständigen Wirkungsbereich der Länder iSd Art 131 Abs 5 B-VG gehörten.

Parkometerabgabe ist Landessache iSd Art 131 Abs 5 B-VG

Hinsichtlich der Wiener Parkometerabgabe nach der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates ist zu beachten, dass die Ausschreibung dieser Abgabe kompetenzrechtlich auf § 7 Abs 5 F-VG 1948 beruht. Diese Vorschrift räumt dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz ein, Gemeinden zu ermächtigen, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben.

Entgegen der Auffassung des BFG sind aber die Kompetenz zur materiell-rechtlichen Regelung in Angelegenheiten der ausschließlichen Gemeindeabgaben, die gemäß § 7 Abs 5 F-VG 1948 aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung ausgeschrieben werden, und die Kompetenz zur Vollziehung (§ 11 Abs 3 F-VG 1948) dem Landesgesetzgeber zuzuordnen, womit die betreffenden Angelegenheiten zum selbstständigen Wirkungsbereich der Länder iSd Art 131 Abs 5 B-VG zählen.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem erklärten Willen des Bundesverfassungsgesetzgebers, der in den Erläuterungen (RV 1618 BlgNR 24. GP) zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 2012/51, ARD 6238/1/2012, die Übertragung der Zuständigkeit in Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeabgaben auf das BFG beispielhaft als eine mögliche Erweiterung der Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte des Bundes durch die Landesgesetzgebung in Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereichs der Länder – und damit als einen Anwendungsfall des Art 131 Abs 5 B-VG – vorsieht.

Vor diesem Hintergrund fallen Angelegenheiten der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu den ausschließlichen Gemeindeabgaben, die aufgrund der bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß § 7 Abs 5 F-VG 1948 ausgeschrieben werden, ebenfalls in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder iSd Art 131 Abs 5 B-VG, weil die Kompetenz in Angelegenheiten des Verwaltungsstrafrechts der Kompetenz in der jeweiligen materiellen Angelegenheit folgt.

Dem Wiener Landesgesetzgeber kann daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegen getreten werden, wenn er die Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden in Angelegenheiten abgabenrechtlicher Verwaltungsübertretungen zu der aufgrund einer bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß § 7 Abs 5 F-VG 1948 erhobenen, eine ausschließliche Angelegenheit des selbstständigen Wirkungsbereichs der Länder darstellenden Parkometerabgabe – unter Berücksichtigung des in Art 97 Abs 2 B-VG vorgesehenen Zustimmungsrechts der Bundesregierung für den Fall der Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung der Länder – auf das Bundesfinanzgericht überträgt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19199 vom 26.03.2015