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VfGH: E-Zigaretten nicht nur in Tabaktrafiken

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

B-VG Art 7

StGG Art 6

TabMG 1996: § 1, § 5, § 42, § 47g

Die Neuregelung durch das 2. AbgÄG 2014 (BGBl I 2014/105), dass ab 1. 10. 2015 nur noch Trafikanten, nicht aber Fachhändler E-Zigaretten vertreiben dürfen, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung.

VfGH 3. 7. 2015, G 118/2015, G 131/2015, G 204/2015

Entscheidung

Der VfGH hat daher folgende Bestimmungen des BG, mit dem das Tabakmonopol neu geregelt wird (Tabakmonopolgesetz 1996 - TabMG 1996), BGBl 1995/830 idF des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2014, BGBl I 2014/105, als verfassungswidrig aufgehoben:

-in § 1 Abs 1 die Wortfolge: „und die in Abs 2a angeführten verwandten Erzeugnisse“;
-§ 1 Abs 2a;
-§ 1 Abs 2b;
-§ 1 Abs 2c;
-in § 5 Abs 2 Satz 1 die Wortfolge: „und verwandten Erzeugnissen“;
-in § 5 Abs 2 Satz 2 die Wortfolge: „und verwandten Erzeugnissen“;
-der letzte Satz in § 5 Abs 2: „Die entgeltliche Abgabe von verwandten Erzeugnissen an Verbraucher im Monopolgebiet ist ausschließlich Tabaktrafikanten vorbehalten.“;
-§ 5 Abs 6;
-in § 42 die Wortfolge: „Abs 2 letzter Satz oder“;
-in § 47g Abs 1 die Wortfolge: „§ 1 Abs 2a bis 2c, § 5 Abs 2 und 6 und § 42, jeweils“.

Im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz hat der VfGH festgehalten, dass Gründe des Gesundheitsschutzes und des Jugendschutzes den Vorbehalt des Verkaufs von E-Zigaretten durch Tabaktrafiken nicht rechtfertigen können. Auch in der Sicherung der Einkünfte von Tabaktrafikanten kann der VfGH keinen sachlichen Grund für den Vorbehalt des Vertriebs von E-Zigaretten zugunsten von Tabaktrafikanten zu erblicken.

Hinsichtlich der Freiheit der Erwerbsbetätigung erinnert der VfGH daran, dass die angefochtenen Regelungen das Ende einer rechtmäßig ausgeübten Tätigkeit anordnen und daher am selben strengen Maßstab zu messen sind wie Erwerbsantrittsschranken. Nach den Gesetzematerialien verfolgt der Eingriff ua die Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten(RV 360 BlgNR 25. GP, 28). Das hinter der Privilegierung stehendeMotiv der Absicherung von Personen, die entweder am Arbeitsmarkt benachteiligtsind oder aber in der Vergangenheit entweder selbst oder in Bezug auf einennahen Angehörigen schwere Nachteile im Krieg erlitten haben, liege zwar imöffentlichen Interesse. Wie aber ein Blick auf die gesetzlichen Regelungen zeige, muss bei Bestellung von Familienangehörigen nach Ende der Tätigkeit eines Trafikanten das Kriterium der Behinderung nicht erfüllt sein. Tatsächlich liege der Anteil der Betreiber von Tabakfachgeschäften mit Behinderung nur bei rund der Hälfte. Angesichts dessen könne in der Erweiterung des den Trafiken vorbehaltenen Sortiments keine Maßnahme erblickt werden, die zur Erreichung des sozialpolitisch gewichtigen Zieles geeignet ist.

Bei der Gegenüberstellung von Schwere des Eingriffs und Gewicht der rechtfertigenden Gründe zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs kommt der VfGH zum Ergebnis, dass die angestrebten Ziele des Gesundheits- und Jugendschutzes zwar gewiss schwer wiegen, es allerdings im Hinblick auf die vielfältigen Möglichkeiten des Verkaufs von Tabakwaren (zB auch Automaten, Gaststätten, Tankstellen) nicht erkennbar sei, inwieweit der Verkauf von verwandten Erzeugnissen durch Trafikanten eine höhere Gewähr für den Gesundheits- und Jugendschutz biete als der Verkauf durch Fachhändler; als gelinderes Mittel könne der Gesetzgeber auch die gewerberechtliche Aufsicht über die Fachhändler verschärfen. Die Beschränkung des Verkaufs von E-Zigaretten bildet - so der VfGH - für Unternehmer, die die Tätigkeit bereits ausüben (gegebenenfalls unter Verlust von Investitionen), einen gravierenderen Eingriff als für Personen, die die Tätigkeit erst in der Zukunft ausüben wollen. Die verfolgten Ziele können somit nach Ansicht des VfGH die Schwere des Eingriffs nicht rechtfertigen und er erwies sich damit als unverhältnismäßige Beschränkung des Grundrechts.

Hinweis:

Die Entscheidung ist derzeit auf der Homepage des VfGH (www.vfgh.gv.at) unter „Aktuelle Informationen“ abrufbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19996 vom 04.08.2015