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VfGH: Eindämmung des Bodenverbrauchs und der Flächenversiegelung – Staatshaftung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

B-VG: Art 137

Gemäß Art 137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Voraussetzung einer Staatshaftung ist es, dass es durch das Verhalten von Organen eines Mitgliedstaates zur Verletzung einer unionsrechtlichen Norm gekommen ist, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem Schaden besteht, der dem Einzelnen entstanden ist. Nach der Rsp des EuGH besteht dabei aber keine reine Unrechtshaftung; vielmehr ist ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann haftungsbegründend, wenn er "hinreichend qualifiziert" ist.

Der VfGH ist zur Entscheidung über Staatshaftungsansprüche nicht bereits dann zuständig, wenn der Gesetzgeber gegen Unionsrecht verstoßen hat. Die Zuständigkeit des VfGH kommt vielmehr nur in Betracht, wenn der Akt, der die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen ist.

Zusammengefasst erhebt der Kl gegenüber dem Bund sowie den Ländern NÖ und OÖ den Vorwurf des legislativen Unrechts, weil es diese in Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen unterlassen hätten, gesetzliche Maßnahmen zur Eindämmung des Bodenverbrauchs und der Flächenversiegelung zu setzen. Die Klage ist mangels Bestimmtheit des Begehrens und Darlegung der Voraussetzungen für das Vorliegen von Staatshaftung zurückzuweisen. Die Klage erstattet zu den Voraussetzungen für die Zuständigkeit des VfGH kein ausreichend substantiiertes Vorbringen:

Soweit der Kl sein Begehren auf Verstöße gegen Unionsrecht wegen unterlassener Maßnahmen zur Einhaltung der Vorgaben in den verschiedenen Richtlinien stützt, besteht für dieses Begehren keine Zuständigkeit des VfGH gem Art 137 B-VG: Die Zuständigkeit des VfGH zur Entscheidung über Staatshaftungsansprüche wegen Verstoßes gegen Unionsrecht kommt nur in Betracht, wenn der Akt, der die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen ist. Es bleibt bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch für eine unionsrechtliche Staatshaftung, wenn der behauptete Schaden an ein verwaltungsbehördliches oder gerichtliches Handeln knüpft. Dem Klagsvorbringen ist nicht zu entnehmen, welcher konkrete Schaden unmittelbar auf die offenkundig mangelhafte Umsetzung welcher unionsrechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist und inwiefern diese unionsrechtlichen Normen dem Einzelnen Rechte verleihen. Vielmehr wird bloß pauschal behauptet, dass sie "unmittelbar oder mittelbar" dem Bodenschutz dienten. Der Klage lässt sich nicht einmal mit Bestimmtheit entnehmen, welche Vorwürfe dem Gesetzgeber und welche der Vollziehung gemacht werden. Wie die Bundesregierung und die beiden Landesregierungen zu Recht ausführen, dürfte sich der Großteil der Vorwürfe gegen Akte der Vollziehung richten, sodass keine Zuständigkeit des VfGH als Staatshaftungsgericht gem Art 137 B-VG besteht.

VfGH 12. 3. 2024, A 17/2023

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35206 vom 20.03.2024