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4.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz: § 4
Stmk BauG: § 18
StROG: § 40
Im vorliegenden Fall hat der VfGH § 4 iVm Deckplan 1 (Bebauungsplanzonierungsplan) des 4.0 Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Graz (Amtsblatt 04/2018) insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als damit für ein bestimmtes Grundstück die Erforderlichkeit einer Bebauungsplanung vorgesehen wird.
§ 40 Abs 8 StROG und § 4 Abs 1 des 4.0 Flächenwidmungsplans bestimmen, dass Baubewilligungen erst nach Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes erteilt werden dürfen. Der Landesgesetzgeber sieht daher dazu auch vor, dass die jeweilige Gemeinde „spätestens im Anlassfall (zB Ansuchen um Erstellung des Bebauungsplanes nach erfolgter Abklärung aller Vorfragen) Bebauungspläne zu erstellen“, Verfahren zur Erstellung oder Änderung der Bebauungspläne unverzüglich einzuleiten und spätestens innerhalb von 18 Monaten abzuschließen hat. Das Gesetz verpflichtet somit dazu, dass ein solches Verfahren mit der Erlassung eines Bebauungsplans zu enden hat – und nicht mit dessen Verweigerung: Das „Abschließen“ des Verfahrens zur Bebauungsplanerstellung besteht in der Kundmachung des Bebauungsplans. Die Erstellung eines Bebauungsplans liegt somit nicht im Ermessen der verordnungserlassenden Behörde, sondern sie ist dazu verpflichtet, die Bebauungsplanung innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmen.
Die Erlassung des Bebauungsplans kann auch nicht mit Verweis auf die Raumordnungsgrundsätze verweigert werden: § 40 Abs 2 StROG sieht vor, dass „mit der Bebauungsplanung“ eine „den Raumordnungsgrundsätzen entsprechende Entwicklung der Struktur und Gestaltung des im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Baulandes und des Freilandes (Sondernutzungen) anzustreben“ ist – also mit der Bebauungsplanung und nicht durch ihre tatsächliche Verweigerung. Die Planungsziele sind durch den Bebauungsplan anzustreben. Ließen die Raumordnungsgrundsätze im Einzelfall keine Bebauung zu, dürfte das betreffende Grundstück überhaupt nicht als Bauland gewidmet sein.
Im vorliegenden Fall hat die beteiligte Partei (Eigentümerin des betroffenen Grundstücks) am 31. 5. 2017 einen Antrag auf Erlassung eines Bebauungsplans für dieses Grundstück gestellt. Ungeklärte Vorfragen iSd § 40 Abs 8 StROG sind nicht ersichtlich. Folglich besteht für die beteiligte Partei seit mehr als sechs Jahren ein effektives Bauverbot, das die verordnungserlassende Behörde durch Erlassung eines Bebauungsplans hätte beseitigen müssen. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz hat bisher jedoch keinen Bebauungsplan erlassen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass sich die Bebauungsplanpflicht im 4.0 Flächenwidmungsplan in Bezug auf das Grundstück der beteiligten Partei im Einzelfall als Eigentumsbeschränkung darstellt, die nicht mehr von einem fairen Gleichgewicht der öffentlichen und privaten Interessen getragen ist. Sie ist damit gesetzwidrig (vgl dazu bereits VfGH 3. 3. 2022, V 249/2021 = Rechtsnews 32366, zu einem vergleichbaren Fall einer qualifizierten Untätigkeit der verordnungserlassende Behörde).