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EMRK: Art 10
SPG: § 35
§ 2 Abs 1 erster Satz AGesVG verbietet, an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise zu verhüllen oder zu verbergen, dass sie nicht mehr erkennbar sind. § 2 Abs 2 AGesVG definiert Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot (ua „im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen“) und erlaubt dem Bundes- oder Landesgesetzgeber darüber hinaus die Normierung weitere Ausnahmen. § 2 Abs 2 AGesVG ist nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls nicht als taxative Aufzählung bzw abschließende Regelung zu bewerten (vgl auch ErläutRV 1586 BlgNR, 25. GP, 12).
In Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung muss auch das Einsetzen von Stilmitteln erlaubt sein. Vor diesem Hintergrund ist – verfassungsrechtlich geboten – § 2 Ans 2 AGesVGG dahin zu verstehen, dass als Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot auch die Verwendung eines Stilmittels (hier: Tiermaske) im Rahmen "der freien Meinungsäußerung" erlaubt sein muss (so wie bei der Ausnahme "im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen").
Davon unberührt bleiben freilich sicherheitsbehördliche Befugnisse und damit im Zusammenhang stehende Mitwirkungs- und Duldungspflichten insb im Hinblick auf die Identitätsfeststellung gem § 35 Abs 3 zweiter Satz SPG.
VfGH 26. 2. 2021, E 4697/2019
Entscheidung
Im vorliegenden Fall hat der Bf die Kuhmaske und das Kuhkostüm eingesetzt, um im Umfeld einer Werbeveranstaltung für die Milchwirtschaft auf die Produktionsbedingungen von Milchprodukten und das Tierleid aufmerksam zu machen, das seiner Auffassung nach damit verbunden ist. Der VfGH ist der Auffassung, dass dies von der Ausnahme des § 2 Abs 2 AGesVG gedeckt ist.
Da es dem Bf mit dieser Intention eben nicht von vornherein bloß um die Vereitelung oder Erschwerung der Feststellung seiner Identität ging – in solchen Fällen steht Art 10 EMRK einer Bestrafung wegen Verstoßes gegen § 2 AGesVG nicht entgegen –, reicht der schlichte Hinweis des LVwG nicht aus, dass eine Verwaltungsübertretung im Hinblick auf § 2 AGesVG "als erwiesen angesehen werden" könne.