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EMRK: Art 8
WiEReG idF vor BGBl I 2023/97: § 10
Der VfGH bleibt bei der im Prüfungsbeschluss VfGH 16. 6. 2023, E 3129/2022 (G 265/2023), Rechtsnews 34369, dargelegten (vorläufigen) Auffassung, dass § 10 WiEReG idF vor BGBl I 2023/97 (Möglichkeit der öffentlichen Einsicht in das Wirtschaftliche Eigentümer Register für jedermann) gegen § 1 DSG iVm Art 8 EMRK verstößt.
Da § 10 WiEReG mit BGBl I 2023/97 geändert wurde, hatte der VfGH festzustellen, dass die Bestimmung verfassungswidrig war. Nach Auffassung des VfGH reicht es aus, dass der VfGH die Verfassungswidrigkeit des § 10 WiEReG feststellt. Eine entsprechende Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 10a WiEReG idF BGBl I 2018/62 (Einschränkung der Einsicht bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen) ist hingegen zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit nicht vonnöten.
Hinweis:
In der Rs C-37/20 und C-601/20 (= RdW 2022/656) hat der EuGH (iZm der 4. und 5. Geldwäsche-RL) ausgesprochen, dass die Zugänglichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer in allen Fällen und für alle Mitglieder der Öffentlichkeit einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte gem Art 7 und 8 GRC darstellt, der weder auf das absolut Erforderliche beschränkt ist, noch in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel steht.
In der Folge wurde in Österreich beim Register die Anwendung „Öffentliche Einsicht“ offline genommen (siehe dazu auch die Fachlichen News 2022/02 des BMF als Registerbehörde = Rechtsnews 33335) und das WiEReG durch BGBl I 2023/97 abgeändert. § 10 WiEReG sieht nun seit 1. 9. 2023 die Einsicht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses vor.
Entscheidung
Der VfGH hegte – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Urteiles des EuGH vom 22. 11. 2022, C-37/20 und C-601/20, WM ua – das vorläufige Bedenken, dass § 10 und § 10a WiEReG betreffend die Möglichkeit der öffentlichen Einsicht in das Wirtschaftliche Eigentümer Register für jedermann bzw betreffend die Einschränkung der Einsicht bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Datenschutz gem § 1 DSG und auf Achtung des Privatlebens gem Art 8 EMRK sowie gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gem Art 7 und Art 8 GRC verstoßen könnten.
Der VfGH hat ausgehend von dem bezeichneten Urteil des EuGH im Prüfungsbeschluss ausgeführt, dass der VfGH bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 10 WiEReG (und des damit in einem Zusammenhang stehenden § 10a WiEReG) darauf einzugehen haben werde, ob und inwieweit sich die innerstaatliche Rechtslage von der vom EuGH im Urteil vom 22. 11. 2022, C-37/20 und C-601/20, WM ua behandelten Geldwäsche-RL unterscheidet. Dazu ist Folgendes zu bemerken:
Zunächst wird in der vom EuGH für ungültig erkannten Richtlinienbestimmung des Art 30 Abs 5 Unterabs 1 lit c Geldwäsche-RL vorgesehen, dass alle Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang "mindestens" zum Namen, Monat und Jahr der Geburt, zu dem Wohnsitzland und der Staatsangehörigkeit des wirtschaftlichen Eigentümers sowie zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses haben müssen. Die im Register zugänglichen Daten waren somit nach dieser Richtlinienbestimmung nicht taxativ festgelegt. § 10 WiEReG enthält eine taxative Regelung in Bezug auf jene Daten, die der öffentlichen Einsicht durch jedermann unterliegen. Der Offenlegung unterlagen Daten über den Rechtsträger (Name und Adressmerkmale, Stammzahl und Stammregister, Rechtsform und Information über den Bestandszeitraum des Rechtsträgers) und Daten über direkte bzw indirekte wirtschaftliche Eigentümer (Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Wohnsitzland). Aus dem öffentlichen Registerauszug ergaben sich zudem die Art und der Umfang des wirtschaftlichen Interesses eines wirtschaftlichen Eigentümers (Bestehen einer Kapitalbeteiligung, Zugehörigkeit zur obersten Führungsebene bei subsidiären Meldungen, Ausübung einer Funktion bei einem Trust, bei Privatstiftungen, Stiftungen, vergleichbaren juristischen Personen und trustähnlichen Rechtsvereinbarungen sowie Stiftungen und Fonds gem Bundes- oder Landesgesetz, Ausüben von Kontrolle). Im Übrigen weichen die Regelungen im Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz nicht von der vom EuGH für ungültig erklärten Bestimmung der Geldwäsche-RL ab. Nach Auffassung des VfGH stimmen die im Wirtschaftliche Eigentümer Register Gesetz verankerten Regelungen in § 10a WiEReG im Wesentlichen mit den Bestimmungen der Geldwäsche-RL überein, welche der EuGH in seinem zitierten Urteil mit zu berücksichtigen hatte.
Im Hinblick darauf bleibt der VfGH bei der im Prüfungsbeschluss dargelegten (vorläufigen) Auffassung, dass § 10 WiEReG gegen § 1 DSG iVm Art 8 EMRK verstößt.
Da § 10 WiEReG mit BGBl I 2023/97 geändert wurde, hat der VfGH festzustellen, dass die Bestimmung verfassungswidrig war. Nach Auffassung des VfGH reicht es aus, dass der VfGH die Verfassungswidrigkeit des § 10 WiEReG feststellt. Eine entsprechende Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 10a WiEReG idF BGBl I 2018/62 ist hingegen zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit nicht vonnöten.