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VfGH: Prüfungsbeschluss betr Volksabstimmungen in Vbg

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

B-VG: Art 117, Art 118

Derzeit kann nach der Vbg Landesverfassung iVm dem Vbg Gemeindegesetz sowie dem Vbg Landes-VolksabstimmungsG in Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung durch das Gemeindevolk eine verbindliche Entscheidung getroffen werden, ohne dass die Gemeindevertretung bzw das an sich zuständige Gemeindeorgan daran inhaltlich mitwirken kann. Nach Ansicht des VfGH scheint dies gegen das auch für die Gemeinde geltende repräsentativ-demokratische System der Bundesverfassung zu verstoßen.

Art 117 Abs 8 B-VG scheint zwar eine verfassungsgesetzliche Klarstellung dahingehend bewirkt zu haben, dass auf Gemeindeebene direktdemokratische Instrumente überhaupt zulässig sind. Sie dürfte jedoch keine Grundlage dafür geschaffen haben, dass in einer Angelegenheit, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fällt, eine verbindliche Entscheidung im Wege einer Volksabstimmung allein vom Volk unter gänzlichem Ausschluss einer Willensbildung auch des Gemeinderates getroffen wird.

Diese Gedanken dürften jedoch im Hinblick darauf, dass im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gem Art 118 Abs 5 B-VG letztlich alle Gemeindeorgane dem Gemeinderat verantwortlich, diesem gegenüber also weisungsgebunden sind, generell für Entscheidungen des Volkes anstelle von Gemeindeorganen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gelten. Die Verbindlichkeit einer Volksabstimmung für das jeweils zuständige Gemeindeorgan dürfte mit der Weisungsbindung dieses Organs an den Gemeinderat gem Art 118 Abs 5 B-VG konkurrieren. Art 117 Abs 8 B-VG dürfte daher auch keine Grundlage dafür geschaffen haben, dass Rechtsakte, die in die Zuständigkeit eines dem Gemeinderat gegenüber weisungsgebundenen Gemeindeorgans fallen, auch gegen den Willen dieses Organs bzw des Gemeinderates einer bindenden Volksabstimmung unterzogen werden können.

VfGH 27. 2. 2020, W III 2/2019

Hinweis:

Wie der Presseinformation des VfGH auf seiner Homepage (www.vfgh.gv.at) zu entnehmen ist, hat er sich im Zuge seiner März-Session auch mit der Anfechtung einer Volksabstimmung (über Grundstückswidmungen) in der Vorarlberger Gemeinde Ludesch befasst. Die Beratungen darüber wurden jedoch unterbrochen und werden voraussichtlich im Herbst 2020 fortgesetzt. Bis dahin prüft der VfGH die (landes‑)gesetzlichen Grundlagen dieser Volksabstimmung in der Landesverfassung, dem Gemeindegesetz und dem Landes-Volksabstimmungsgesetz darauf, ob sie verfassungsgemäß sind.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28813 vom 26.03.2020