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VfGH: Rinder – unterschiedliche Haltungsbedingungen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

1. Tierhaltungsverordnung: Anlage 2 Punkt 4

Die Bedenken der Bgld LReG richten sich nicht gegen die Zulässigkeit der Haltung in Buchten mit vollperforierten Böden an sich, sondern gegen die vermeintliche Unsachlichkeit der Abgrenzung der Ausnahmen davon aufgrund der Anknüpfung an die Verwendung der Rinder. Der VfGH hat daher aus Anlass dieser Bedenken lediglich zu beurteilen, ob der Verordnungsgeber dadurch eine unsachliche Differenzierung geschaffen hat; nicht zu prüfen ist indes, ob ein Verbot der Haltung von Rindern in Buchten mit vollperforierten Böden aus (verfassungs-)rechtlicher Sicht geboten ist. Die ob der Gesetzmäßigkeit der Punkte 4.1. und 4.2.2.2. der Anlage 2 der 1. Tierhaltungsverordnung erhobenen Bedenken treffen nicht zu:

Die 1. Tierhaltungsverordnung legt in ihren Anlagen 1 bis 11 ua Mindestanforderungen für die Haltung bestimmter Tierarten fest. Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern finden sich in Anlage 2, die sich wiederum in einzelne Punkte gliedert: Begriffsbestimmungen (Punkt 1.), allgemeine Haltungsvorschriften für alle Rinder (Punkt 2.), besondere Haltungsvorschriften für Kälber (Punkt 3.), besondere Haltungsvorschriften für Rinder über sechs Monaten (Punkt 4.) sowie Übergangsbestimmungen (Punkt 5.).

Hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit bei der Haltung von Rindern über sechs Monaten verbietet Punkt 4.1. der Anlage 2 die Haltung von Kühen, hochträchtigen Kalbinnen und Zuchtstieren in Buchten mit vollperforierten Böden. Mindestmaße bei einer Gruppenhaltung in Liegeboxenlaufställen finden sich in Punkt 4.2.2.1. und für die sonstige Gruppenhaltung in Ställen in 4.2.2.2., wobei sich die normierten Mindestflächen ausdrücklich auf vollperforierte Böden beziehen; Buchten ohne vollperforierte Böden müssen jedenfalls eine trockene und ausreichend groß dimensionierte Liegefläche aufweisen.

Angesichts der vom BM für Land- und Forstwirtschaft in seiner Stellungnahme dargelegten Gründe mag der VfGH nicht zu erkennen, dass die Bestimmungen der Punkte 4.1. und 4.2.2.2. der Anlage 2 zu einer unsachlichen Differenzierung zwischen der Haltung von Kühen, hochträchtigen Kalbinnen sowie Zuchtstieren einerseits und Mastrindern andererseits führen. Der Verordnungsgeber hat seinen Ermessenspielraum nicht überschritten, wenn er für bestimmte Gruppen von Rindern angesichts ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit oder der besonderen Umstände ihrer Haltung unterschiedliche Haltungsbedingungen vorsieht. Dass diese Differenzierung im Ergebnis an der Verwendung der Rinder anknüpft, verschlägt dabei nichts; denn auch unter dem Gesichtspunkt des Tierwohls – dessen Schutz eines der Ziele des Tierschutzgesetzes darstellt (vgl § 1 TSchG) – bestehen hinreichende Unterschiede im Tatsächlichen, die eine Differenzierung im Rechtlichen sachlich zu rechtfertigen vermögen. Im Übrigen ist der Verordnungsgeber gem § 24 Abs 1 TSchG bei der Verordnungserlassung auch zur Bedachtnahme auf ua die ökonomischen Auswirkungen gehalten und nicht nur zur Beachtung der Zielsetzung und sonstigen Bestimmungen des TSchG.

VfGH 16. 6. 2025, V 126/2024

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36947 vom 17.07.2025