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VfGH: StJG 2013 – soziale Leistungen als Verwaltungsstrafe für Jugendliche

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

EMRK: Art 4

StJG 2013: § 27

Gem § 27 Abs 4 StJG 2013 kann die Bezirksverwaltungsbehörde als Strafe oder als Teil der Strafe dem Jugendlichen auch auftragen, eine soziale Leistung zu erbringen, wenn sich dies als zweckmäßiger erweisen sollte als die zunächst vorgesehene Teilnahme an Beratungsgesprächen, Gruppenarbeiten oder einer Schulung. Die soziale Leistung kann insb in der Mithilfe im Jugend-, Gesundheits- und Behindertenbereich, in der Altenpflege oder in Tierschutzeinrichtungen bestehen und darf insg 36 Stunden und täglich sechs Stunden nicht übersteigen.

Da die von der Ermächtigung des § 27 Abs 4 StJG 2013 erfassten Tätigkeiten in sozialen Einrichtungen die Bedeutung sozialer Tätigkeit für die Gesellschaft zeigen und im Vergleich zu Geldstrafen sozial gleichmäßig wirken, sind sie im Hinblick auf den spezialpräventiven Zweck der Strafe für Jugendliche eine geeignete alternative Sanktion zur Geldstrafe.

Diese Sanktion ist auf die in § 27 Abs 4 StJG 2013 abgegrenzten möglichen Inhalte dieser sozialen Leistungen beschränkt und durch deren gesetzlich festgelegten zeitlichen Umfang deutlich begrenzt. Dabei ist das konkrete Sanktionsausmaß innerhalb des gesetzlichen Rahmens noch einmal durch den Unrechtsgehalt der konkreten Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs 1 und 2 StJG 2013 determiniert. Weiters ist von Bedeutung, dass der Umfang der gesetzlich zulässigerweise anordenbaren sozialen Leistungen (wegen des geringen Unwertgehaltes der vom Regelungssystem erfassten Verwaltungsübertretungen) so begrenzt ist, dass ausschließlich der im öffentlichen Interesse liegende Beitrag der sozialen Leistung, dem Jugendlichen die Bedeutung sozialer Verantwortung zu vermitteln, für die Verpflichtung zu der konkreten Leistung entscheidend ist und nicht ein allfälliger Ertrag aus der Leistung für die Institution, in der sie erbracht wird. Schließlich beschränkt § 27 Abs 4 StJG 2013 im Lichte des Art 4 Abs 2 EMRK die Entscheidungsbefugnis der Bezirksverwaltungsbehörden auch dahingehend, dass sie inhaltlich nur solche, dem Jugendlichen und seinem Entwicklungsstand angemessene soziale Leistungen anordnen dürfen, die von vornherein jede Gefahr vermeiden, ungerecht oder bedrückend oder mit einer vermeidbaren Härte verbunden zu sein.

Die Anordnung einer sozialen Leistung gem § 27 Abs 4 StJG 2013 stellt angesichts all dessen keine Zwangs- oder Pflichtarbeit iSd Art 4 Abs 2 EMRK dar.

VfGH 24. 6. 2025, G 152/2024

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36928 vom 10.07.2025